Hohe wirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2021) zwar nur 0,9 Prozent, am Produktionswert der deutschen Volkswirtschaft 1,0 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,2 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2021 einen Produktionswert von 69,0 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produktionswert des gesamten deutschen Textil-, Bekleidungs- und Schuhgewerbes mit 20,3 Milliarden Euro, des Papiergewerbes mit 36,1 Milliarden Euro oder der pharmazeutischen Industrie mit 55,0 Milliarden Euro.

Einkäufe der Landwirtschaft stützen die übrige Wirtschaft

Landwirte fragen viele Betriebsmittel, Investitionsgüter und Dienstleistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinauseine breite Palette von Dienstleistungen. Diese reichen von der Beratung über Wartungsarbeiten bis hin zu Tiergesundheits- und Qualitätsüberwachung. Die produktionsbedingten Ausgaben der deutschen Landwirtschaft betrugen 2021 48,8 Milliarden Euro, wovon 10,4 Milliarden Euro auf Investitionen in Bauten und Maschinen entfallen. Zu den betriebsbedingten Ausgaben kommen u. a. die privaten Konsumausgaben der Land- und Forstwirte hinzu, die sich 2021 auf 8,2 Milliarden Euro beliefen.

Jeder 10. Arbeitsplatz steht mit dem Agribusiness in Verbindung

Das Agribusiness umfasst die gesamte Lebensmittelkette und damit alle Schritte von der Urproduktion bis zum Verbraucher: Die Landwirtschaft gewinnt mit Produktionsmitteln aus den vorgelagerten Wirtschaftsbereichen die pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, die vom Ernährungsgewerbe, also dem Handwerk und der Industrie, weiterverarbeitet werden. Hinzu kommen der Lebensmittelgroß- und -einzelhandel sowie die Gastronomie.

Das Agribusiness ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige

Das Agribusiness hatte in 2021 in rund 700.000 Betrieben insgesamt 4,4 Millionen Beschäftigte. Damit sind fast 10 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland direkt oder indirekt damit beschäftigt, Menschen mit Essen und Trinken zu versorgen bzw. pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittelzwecke zu erzeugen. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze – vor allem in Landwirtschaft, Gastronomie, Handwerk und Einzelhandel – ist im ländlichen Raum angesiedelt. Mit zahlreichen attraktiven Ausbildungsberufen und -plätzen stellt das Agribusiness jeden 8. Ausbildungsplatz in Deutschland. So starten jedes Jahr rund 160.000 junge Menschen im Agribusiness in ihr Berufsleben.

Schlüsselbranche Landwirtschaft

Der Erwerbstätigenanteil der Landwirtschaft am gesamten Agribusiness beträgt fast 12 Prozent. Das heißt: Einem landwirtschaftlichen Arbeitsplatz stehen sieben weitere Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen gegenüber. Das gesamte Agribusiness erbrachte 2021 einen Produktionswert von geschätzten 554 Milliarden Euro oder gut 8 Prozent des gesamtwirtschaftlichen Produktionswertes. Gemessen an der volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung beträgt der Anteil des Agribusiness knapp 7 Prozent.

Landwirtschaftlicher Erwerbstätigenanteil bei 1,2 Prozent

In Deutschland übten 2021 561.000 Personen oder 1,2 Prozent aller Erwerbstätigen ihre überwiegende Erwerbstätigkeit in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei aus. Gut 36 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft sind als eigenständige Unternehmer tätig. Ihr Anteil an den Selbständigen in Deutschland beläuft sich auf 5,1 Prozent. Gemessen am gesamten Arbeitsvolumen der deutschen Wirtschaft beträgt der Anteil der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 1,6 Prozent.

Selbständige arbeiten länger

Ein Erwerbstätiger in Deutschland arbeitete im Jahr 2021 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt 1.340 Stunden. Überdurchschnittlich hoch fällt die Stundenzahl in der Land- und Forstwirtschaft mit 1.672 Stunden aus. Mit 2.286 Stunden liegen auch die Arbeitszeiten von Selbständigen in der Land- und Forstwirtschaft deutlich höher als bei den Selbständigen in der übrigen Wirtschaft mit 1.778 Stunden. Der Einsatz moderner Technik hat maßgebend dazu beitragen, dass körperliche Arbeit und Arbeitszeiten in der Landwirtschaft deutlich zurückgegangen sind. Der Umgang mit Natur, Umwelt und Tieren erfordert allerdings eine relativ hohe zeitliche Flexibilität.

Arbeitsproduktivität der Landwirtschaft relativ stark gestiegen

Gemessen an der Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen hat der Agrarsektor in Deutschland seine Produktivität in den letzten 20 Jahren enorm gesteigert (+ 67 Prozent). Zum Vergleich: Im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft stieg die Produktivität um 45 Prozent. In absoluten Zahlen bleibt jedoch ein Abstand zu anderen Wirtschaftsbereichen.

Moderne Landtechnik aus Deutschland stark gefragt

Die Landtechnik-Industrie ist ein wichtiger Vorlieferant der Landwirtschaft. In der Branche sind über 200 Unternehmen mit rund 39.000 Beschäftigten tätig. 2021 wurde in Deutschland Landtechnik im Wert von 6,96 Milliarden Euro verkauft. Ein Fokus der gegenwärtigen technologischen Entwicklung liegt auf der Vernetzung, Automatisierung und Autonomisierung von Arbeitsprozessen. Die Landtechnik-Industrie am Standort Deutschland erreichte 2021 mit einem Umsatz von 10,51 Milliarden Euro ein historisches Allzeithoch. Für 2022 wird mit einem Industrie-Umsatz auf noch höherem Niveau gerechnet. Das Exportgeschäft macht im Branchendurchschnitt rund 75 Prozent der Umsätze aus.

Landtechnik-Handwerk und -Handel als Bindeglied

Die rund 5.600 in der Handwerksrolle eingetragenen Landmaschinen-Fachbetriebe machten mit ihren rund 43.300 Mitarbeitern 2021 einen Umsatz von rund 11,6 Milliarden Euro. Das war gegenüber dem Vorjahr erneut ein deutliches Plus. Die Coronakrise hatte der Branche alles in allem wenig angehabt. In 2022 war die Preis- und Liefersituation im Landmaschinenhandel aufgrund gestiegener Zinsen und starker Kostensteigerungen mit vielen Unwägbarkeiten behaftet.

Landwirtschaft und ländliche Räume sind untrennbar miteinander verbunden

Etwa 90 Prozent der Fläche Deutschlands zählen zu den ländlichen Räumen. Rund 57 Prozent der Einwohner Deutschlands leben in Dörfern, Gemeinden und Städten auf dem Land. Ländliche Räume sind Lebensraum und Wirtschaftsstandort. Sie umfassen land- und forstwirtschaftliche Nutzräume ebenso wie Natur- und Erholungsräume.

Periphere ländliche Regionen vor großen Herausforderungen

Nach der Prognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) bleibt die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 relativ stabil, doch sind damit weiterhin deutliche regionale Veränderungen verbunden. Die Prognose geht von einer stark schrumpfenden Bevölkerung von bis zu 26 Prozent in peripher gelegenen Regionen aus, besonders in einigen ostdeutschen Regionen. Demgegenüber wird die Einwohnerzahl in den Ballungsräumen und ihrem Umland weiterhin steigen, teilweise um bis zu 10 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter gegenüber 2017 um 11 Prozent auf 44,3 Millionen im Jahr 2040. Besonders peripher gelegene Regionen stehen damit vor großen Herausforderungen auf dem Arbeits- und Fachkräftemarkt. Ihnen fehlen vor allem die jungen Erwerbstätigen.

Feld und Wald sind auch wertvoll für Freizeit und Tourismus

Auf der Skala der Erholungsaktivitäten rangieren die landschaftsbezogenen Freizeitaktivitäten vorn, wie Spazierengehen, Spielen im Freien, Wandern und Radfahren. Die Land- und Forstwirtschaft erhält und pflegt 28,9 Millionen Hektar Acker, Wiesen und Wald. Das sind 81 Prozent der Fläche. Deutschland ist damit als Kulturlandschaft geprägt.

Landtourismus erfreut sich großer Beliebtheit

10,25 Millionen Deutsche favorisierten in 2022 Urlaub auf dem Bauernhof/Land als bevorzugtes Reiseziel. Tendenz seit der Corona-Pandemie weiter deutlich steigend. Das zeigen aktuelle Ergebnisse der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse. Als Hauptmotive für diese Urlaubsform werden die Ruhe des Landlebens, das Naturerleben, die authentischen Einblicke in die Landwirtschaft, die regionalen Produkte und die persönliche Betreuung der Gastgeber angegeben. Bundesweit gibt es 160.000 entsprechende Beherbergungsangebote. In den rund 10.300 von der Agrarstatistik erfassten landwirtschaftlichen Betrieben mit „Urlaub auf dem Bauernhof“ (knapp 4 Prozent aller Betriebe) befanden sich 2020 2.900 Ferienhöfe, die „Urlaub auf dem Bauernhof“ als rechtlich ausgelagerten Betrieb betrieben haben.

Hohe Erwartungen an die Landwirtschaft

Zahlreiche Befragungen zeigen unter dem Strich zwar eine hohe Wertschätzung der Landwirtschaft. Jedoch sind bei aller Wertschätzung aber auch die Erwartungen hoch. Nach einer repräsentativen Befragung von Kantar/Emnid im Auftrag der ima aus Mai 2020 machen die Ansprüche der Bevölkerung an die Landwirtschaft deutlich: Die Versorgung mit Nahrungsmitteln rangiert vor dem Einhalten von Tierwohlstandards und den Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaften. Damit einher geht die Erwartung, dass sich die Landwirte für den Umwelt- und Klimaschutz engagieren und dabei zugleich fortschrittlich agieren, die Artenvielfalt fördern und zur Energieversorgung beitragen. Relativ wenig interessiert zeigen sich die Verbraucher in Deutschland dagegen an der Erzeugung günstiger Lebensmittel.

Besonders hoch sind die Erwartungen beim Tierwohl

Die hohen Erwartungen der Bevölkerung an die Landwirtschaft spiegeln sich besonders bei der Frage des Tierwohls und der artgerechten Tierhaltung wider. 91 Prozent der Bevölkerung erwarten von den Landwirten, dass die Tierwohlstandards eingehalten werden. Aber nur 39 Prozent sind der Meinung, dass diese Standards auch wirklich eingehalten werden. Auch bei Umwelt- und Klimaschutz sowie bei der Förderung der Artenvielfalt klaffen Wunsch und Wirklichkeit deutlich auseinander. In einem Punkt werden die Erwartungen der Bevölkerung an die Landwirtschaft allerdings übertroffen: Fast drei Viertel der Befragten erkennen an, dass die Landwirtschaft preiswerte Nahrungsmittel produziert. Erwartet hatten das gerade mal 46 Prozent der Bevölkerung.

Überdurchschnittlicher Preisanstieg bei Nahrungsmitteln

Die Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des Verbraucherpreisindex gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert, lag in Deutschland 2021 bei 3,1 Prozent. Das Preisniveau für Nahrungsmittel stieg mit plus 3,2 Prozent ähnlich stark an. Für 2022 wird mit einer hohen Inflationsrate von gut 8 Prozent gerechnet, darunter Nahrungsmittel mit einer Steigerung von fast 13 Prozent. Enorm teurer geworden ist vor allem Energie. Bei vielen anderen Gütern werden ebenfalls deutliche Preisanstiege beobachtet. Auslöser dieser Teuerungswelle sind die nach Corona wieder weltweit ansteigende Nachfrage nach Rohstoffen, insbesondere nach Energie, und auch Engpässe durch Lieferketten. Die Energiepreise spielen eine Schlüsselrolle für die Inflation. Denn die Produktion und der Transport von alltäglichen Waren und Dienstleistungen verbrauchen viel Energie. Die starken Teuerungen haben zu einer Verschiebung beim Einkauf von Nahrungsmitteln geführt. Relativ teure Lebensmittel wie Bio, Fairtrade, regionale Produkte oder Fleischersatz werden weniger gekauft. Die Inflation und die Angst vor weiter teigenden Heizkosten lassen die Verbraucher zu preisgünstigeren Produkten greifen.

Nahrungsmittelpreise waren langfristig gesehen eine Inflationsbremse

Die Verbraucherpreise für Lebensmittel sind über viele Jahre hinweg deutlich langsamer angestiegen als die Verbraucherpreise insgesamt. Die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise wirkte damit inflationsbremsend. In den letzten Jahren allerdings stiegen die Nahrungsmittelpreise etwas stärker an als die übrigen Lebenshaltungskosten. In 2021 war die Teuerung etwa gleich hoch. Nahrungsmittel waren 2021 in Deutschland um gut 4 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt. Besonders hochpreisig waren Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Luxemburg und Dänemark. Dort lagen sie in 2021 um 25 bzw. 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das Preisniveau eines vergleichbaren Warenkorbs lag in Luxemburg fast doppelt so hoch wie in Rumänien (69 Prozent des EU-Durchschnitts). Auch in Polen (72 Prozent) oder Bulgarien (79 Prozent) sind die Nahrungsmittel im EU-Vergleich besonders günstig.

Verbraucher geben nur einen kleinen Teil ihres Einkommens für Nahrungs- und Genussmittel aus

Die gesamten Verbraucherausgaben beliefen sich 2021 auf 1.699,2 Milliarden Euro. Davon entfielen 259,8 Milliarden Euro oder 15,3 Prozent auf Nahrungs- und Genussmittel. Dazu kommen „trotz Corona“ 53,4 Milliarden Euro für Verpflegung in Gaststätten und Kantinen. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel an den gesamten Konsumausgaben hat sich auf Grund der Auswirkungen der Corona-Pandemie in 2021 etwas stabilisiert, ist im langjährigen Zeitvergleich jedoch deutlich zurückgegangen. Der Grund für diesen Langfristtrend liegt in den Einkommenssteigerungen und in dem unterdurchschnittlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Der höhere Lebensstandard kommt besonders in zunehmenden Ausgaben für Wohnen, Verkehr, Freizeitaktivitäten und Gesundheitspflege zum Ausdruck.

Von einem Euro Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel erhält der Landwirt heute nur noch 22 Cent

Der Anteil der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel inländischer Herkunft lag im Jahr 2021 bei 22 Prozent. Anfang der 70er Jahre lag der entsprechende Anteil mit 48 Prozent mehr als doppelt so hoch. Bei Milch und Milcherzeugnissen betrug der Anteil in 2021 36 Prozent, bei Fleischund Fleischwaren 20 Prozent. Am niedrigsten ist der Erlösanteil nach wie vor bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit 5 Prozent.

Getreidepreise haben geringe Auswirkungen auf den Brotpreis

Landwirtschaftliche Erzeugerpreise für Backweizen von 200 Euro je Tonne stellen nur einen geringen Kostenfaktor bei der Brotherstellung dar. So entfallen bei einem Brötchen weniger als 7 Prozent des Preises auf seinen Getreideanteil. Für die Herstellung eines Brötchens benötigt der Bäcker etwa 34 Gramm Mehl. Bei einem Ausmahlungsgrad von rund 75 Prozent sind das lediglich 45 Gramm Weizen. Um den Brötchenpreis um nur einen Cent anzuheben, müsste sich der Getreidepreis verdoppeln. Schwerwiegender in der Preiskalkulation der Bäcker sind dagegen die Kosten für Energie und Arbeit. Seit 1950 sind die Löhne um das 24-fache und die Brotpreise um das 12-fache gestiegen – die Getreidepreise haben sich dagegen wenig verändert Von 1950 bis 2021 hat sich der Nettostundenverdienst eines Industriearbeiters auf mehr als das 24-fache erhöht. Da die Brotpreise nur um das 12-fache gestiegen sind, kann sich der Industriearbeiter für seinen Stundenlohn heute (2021) mehr als doppelt so viel Brot kaufen wie noch vor gut 70 Jahren. Der Weizenerzeugerpreis lag 2021 dagegen wenig höher als 1950; bezogen auf das Endprodukt wie ein dunkles Mischbrot erlöst der Landwirt nur knapp 7 Prozent. Demgegenüber waren es 1950 entsprechend noch zwei Drittel des Brotpreises. Wären die Brotweizenpreise seit 1950 genauso stark gestiegen wie die Inflationsrate, dann könnten die landwirtschaftlichen Erzeuger für einen Doppelzentner (100 kg) heute (2021) etwa 95 Euro erlösen.

Unterschiedliche Entwicklungen beim Verbrauch der einzelnen Nahrungsmittel

Der Verbrauch bei den einzelnen Nahrungsmitteln hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Steigende bis stabile Verbrauchszahlen je Kopf der Bevölkerung werden bei Getreideerzeugnissen, Geflügel-, Rindfleisch, Käse und Eiern gemessen. Rückläufig ist dagegen der Verbrauch bei Schweinefleisch, während er bei vielen anderen Produkten wie Obst, Gemüse und Kartoffeln von Jahr zu Jahr schwankt. Bei Fleisch ist der Unterschied zwischen dem Verzehr und dem Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung zu beachten, denn ein erheblicher Teil der Schlachtungen kann nicht für den menschlichen Verzehr verwendet werden.

Selbstversorgungsgrad fällt sehr unterschiedlich aus

Bei Weizen, Kartoffeln, Zucker, Milch und Schweinefleisch liegt der deutsche Selbstversorgungsgrad deutlich über 100 Prozent. Bei Obst, Gemüse, Eiern, Rind- und Schaffleisch dagegen liegt der Selbstversorgungsgrad zum Teil erheblich unter der 100 Prozent-Marke. Der Selbstversorgungsgrad, der das Verhältnis inländischer Erzeugung zum inländischen Verbrauch darstellt, schwankt bei pflanzlichen Erzeugnissen in Abhängigkeit von Witterung und Ernte von Jahr zu Jahr relativ stark.

Ernährungsindustrie ist ein starker Zweig der deutschen Wirtschaft

Mehr als vier Fünftel der landwirtschaftlichen Erzeugung werden zu hochwertigen Lebensmitteln über das Lebensmittelhandwerk und die Ernährungsindustrie zu hochwertigen Lebensmitteln weiterverarbeitet. Trotz der Herausforderungen im Pandemiegeschehen und der Belastungen in den Lieferketten konnte die deutsche Ernährungsindustrie in 2021 ein positives Jahresergebnis erzielen. Über alle Teilbranchen hinweg stieg das Umsatzergebnis auf 186,3 Milliarden Euro – davon 120,5 Milliarden Euro im Inland und 65,8 Milliarden Euro im Ausland. Der Export ist für die Ernährungsindustrie ein wichtiges Standbein – mehr als jeder dritte Euro (35,3 Prozent) wird im Ausland verdient. Die Exporte sind gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen (+ 7,0 Prozent), während das Inlandsgeschäft abgenommen hat (- 2,7 Prozent). 2021 waren in 6.152 Betrieben der Ernährungsindustrie (Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten) rund 638.800 Menschen beschäftigt, davon arbeiteten 90 Prozent in Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Die stark von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägte Ernährungsindustrie ist vom Umsatz her nach dem Kraftfahrzeugbau, dem Maschinenbau, der chemisch-pharmazeutischen Industrie und der Elektrotechnik die fünftgrößte Branche der deutschen Industrie und führend in Europa. Die deutsche Lebensmittelindustrie ist nach der in Frankreich die umsatzstärkste in Europa. Mit insgesamt 170.000 verschiedenen Produkten gibt es kaum ein Produkt-segment, das nicht in Deutschland hergestellt wird. Der Gesamtumsatz der deutschen Ernährungs-industrie ist zwischen 2001 und 2021 um 47 Prozent gestiegen. Der darin enthaltene Export hat in diesem Zeitraum um 173 Prozent zugelegt, so dass der Exportanteil am Umsatz heute 35,3 Prozent beträgt. 2001 lag der Anteil noch bei 19,0 Prozent. Sichere, qualitativ hochwertige Lebensmittel sind ein Markenzeichen im Export. 73 Prozent der deutschen Lebensmittelexporte werden im EU-Binnenmarkt abgesetzt. Besonders gefragt sind deutsche Süß-, Backwaren, Fleisch- und Milchprodukte.

Drei Viertel der Agrarrohstoffe aus Deutschland

Rund drei Viertel der in der Ernährungsindustrie verarbeiteten Agrarrohstoffe stammen aus Deutschland. Ein Viertel der Rohstoffe wird im europäischen und außereuropäischen Ausland eingekauft, da sie in Deutschland nicht in ausreichenden Mengen vorhanden sind oder nicht angebaut werden können. Von den importierten Rohwaren stammen auch zahlreiche Produkte aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Hierzu zählen insbesondere Kaffee, Kakao, Gewürze oder Palmöl.

Raiffeisen-Genossenschaften trotz Corona 2021 mit stabilen Umsätzen

Die Raiffeisen-Genossenschaften sind mit ihren 92.000 Beschäftigten Marktpartner von Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und Lebensmittelhandel. Ihre Zahl ist über die Jahre deutlich rückläufig und vor allem dem Fusions- und Kooperationsbestreben der Unternehmen geschuldet. Die 1.729 Raiffeisen-Genossenschaften erzielten 2021 einen Umsatz von rund 68 Milliarden Euro. Das ist ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 5,4 Prozent. Trotz Corona-Pandemie ist das gegenüber dem Vorjahr nur ein Rückgang von 0,4 Milliarden Euro. Beim Blick auf einzelne Geschäftsfelder zeigt sich ein differenziertes Bild. Die genossenschaftlich organisierte Milchwirtschaft verzeichnete 2021 einen Umsatz von 14,1 Milliarden Euro. Die Vieh- und Fleischgenossenschaften generierten 2021 Umsätze in Höhe von 6,1 Milliarden Euro. Umsatzstärkste Genossenschafts-Sparte ist mit 41,0 Milliarden Euro die Warenwirtschaft. Ausgehend von rund 259.200 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland und rund 390.000 Mitgliedschaften von Landwirten, Winzern und Gärtnern ist statistisch betrachtet jeder Betrieb an anderthalb Genossenschaften beteiligt.

Fleischbranche mit einem Umsatz von 41,2 Milliarden Euro

Der Umsatz der Fleischbranche mit ihren 151.500 Beschäftigten betrug in 2021 41,2 Milliarden Euro, davon 9,7 Milliarden Euro oder 23,6 Prozent im Auslandsgeschäft. Die Fleischbranche macht mit ihrem Umsatz gut ein Fünftel (22,1 Prozent) des Gesamtumsatzes der deutschen Ernährungsindustrie aus.

Die Konzentration in der Fleischbranche schreitet weiter fort

Sowohl die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine als auch die Zahl der Schlachtstandorte befinden sich weiterhin im Abwärtstrend. Die Fleischbranche sieht sich selbst am Beginn einer Konsolidierungsphase, um sich auf die Veränderungen auf den Absatzmärkten einzustellen. Insgesamt wurden 2021 in Deutschland 51,85 Mio. Schweine geschlachtet. Das waren 1,25 Millionen Schweine bzw. 2,9 Prozent weniger als 2020. Die drei größten Schlacht-unternehmen – Tönnies, Vion und Westfleisch – schlachteten 2021 59 Prozent der 51,85 Millionen in Deutschland geschlachteten Schweine. Das Ranking der Schweine-Schlachtunternehmen führt die Tönnies-Gruppe mit 16,0 Millionen Schweine-Schlachtungen an. An zweiter und dritter Stelle rangieren die Westfleisch und der niederländisch-deutsche Vion-Konzern mit 7,3 bzw. 7,0 Millionen Tieren. Bei den Rinderschlachtungen führt der Vion-Konzern die Rangliste vor der Tönnies-Gruppe und der Westfleisch an.

Handelsketten mit Fleischwerken

Die Konzentration im Schlachtviehbereich kommt auch darin zum Ausdruck, dass viele Schlacht-unternehmen durchgehende Verarbeitungsketten vom Lebendtier bis zum verpackten Frischfleisch oder zur Wurst aufgebaut haben. Bedeutende Akteure sind mittlerweile die Fleischwerke des Handels. Spitzenreiter sind Edeka Südwest und Kaufland mit einem Jahresumsatz von 946 bzw. 849 Millionen Euro. Unter den 10 umsatzstärksten Fleischwerken des Handels mit einem Gesamtumsatz von 5,5 Milliarden Euro (2021) befinden sich sieben regionale Edeka-Fleischwerke. Auf sie entfällt ein Umsatz von 3,4 Milliarden Euro.

Molkereibranche weiter im Umbruch

Im Ranking der weltweit größten Milchverarbeiter führt das französische Lactalis, gefolgt vom Nestlé-Konzern und von Dairy Farmers of America. Unter den TOP 20-Molkereien der Welt befinden sich mit dem Deutschen Milchkontor (Platz 12) und Müller Milch (Platz 20) auch zwei deutsche Unternehmen. Experten gehen von einem weiteren Konzentrationsprozess der Milchverarbeitungsunternehmen aus.

Deutsche Milchwirtschaft wächst über den Export

Die deutsche Milchwirtschaft ist mit einem Umsatz von 30,0 Milliarden Euro (ohne Speiseeis) und rund 42.200 Beschäftigten (2021) die zweitgrößte Sparte der deutschen Ernährungsindustrie. 33 Prozent der von den Molkereien verarbeiteten Milch ist für den Export bestimmt, Tendenz weiter steigend. Rund zwei Drittel der in Deutschland erzeugten Milch wird von genossenschaftlichen Unternehmen verarbeitet. Die Zahl der Milch verarbeitenden Unternehmen in Deutschland hat im Zeitverlauf stark abgenommen. 2021 gab es noch 163 Milch verarbeitende Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten. Täglich werden von den deutschen Molkereien zusammen rund 85.400 Tonnen Milch zu hochwertigen Lebensmitteln verarbeitet.

Mühlen- und Stärkebranche mit starker Bindung zur Landwirtschaft

Mit rund 6.000 Beschäftigten erwirtschaftete die Mühlenbranche im Wirtschaftsjahr 2021/22 einen Umsatz von rund 2,75 Milliarden Euro. 550 Mühlen gibt es in Deutschland, 181 davon vermahlen mindestens 1.000 Tonnen im Jahr und werden statistisch erfasst. 41 große Mühlen mit einer Jahres-vermahlung von 50.000 Tonnen und mehr haben einen Anteil an der Gesamtvermahlung von gut 81 Prozent. Die Mühlen vermahlten 2021 mit 8,5 Millionen Tonnen Brotgetreide etwa ein Drittel der deutschen Weizen- und Roggenernte. Zudem verarbeiteten sie rund 335.000 Tonnen Dinkel und 464.000 Tonnen Hartweizen. Neun Prozent der Mahlerzeugnisse werden exportiert. Nach Angaben des Verbandes der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS gehen in Deutschland 30 Prozent der Mahlerzeugnisse an Handwerksbäcker, 55 Prozent an Betriebe der Backwaren- und Lebensmittelindustrie, 10 Prozent an Spezialverarbeiter wie Teig- und Nudelwarenhersteller und rund 5 Prozent direkt an den Endverbraucher. Mühlennachprodukte, wie Kleie oder Nachmehle, werden zu Futtermitteln verarbeitet. Mit gut 3.100 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro produzierte die Stärkewirtschaft im Jahr 2021 aus 4,5 Millionen Tonnen Rohstoffen 1,6 Millionen Tonnen Stärke. Unter den Stärkeprodukten haben solche aus Weizen mit 40 Prozent den höchsten Anteil, gefolgt von Kartoffeln mit 34 Prozent und Mais mit 22 Prozent. Aus 1,6 Millionen Tonnen Stärke entstehen knapp 2 Millionen Tonnen Stärke und Stärkederivate. 52 Prozent davon gehen in den Lebensmittelbereich, die stofflich-technische Verwendung hat einen Anteil von 48 Prozent.

Deutsche Zuckerwirtschaft wird von vier Unternehmen bestimmt

Von 61 Unternehmen der Zuckerindustrie in den Jahren 1950/51 existieren heute noch vier mit insgesamt 18 Fabriken, rund 5.300 Beschäftigten und einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro (2021). Die Südzucker AG in Mannheim, die Nordzucker AG in Braunschweig, die Pfeifer & Langen GmbH & Co.KG in Köln und die niederländische Cosun Beet Company GmbH & Co. KG mit der Zuckerfabrik in Anklam teilen sich den deutschen Markt. 22.800 Landwirte beliefern diese Unternehmen mit Zuckerrüben. Auch in Europa sind die drei verbliebenen deutschen Unternehmen führend und produzieren zusammen etwa die Hälfte des EU-Zuckers. Der größte Zuckerhersteller der Welt ist mit 18.000 Beschäftigten die Südzucker-Gruppe. Sie erreichte in der Kampagne 2021/22 eine Zuckerproduktion aus Rüben von 4,4 Millionen Tonnen. Vom Gesamtumsatz des Südzuckerkonzerns in Höhe von 7,6 Milliarden Euro (2021/22) entfallen 2,6 Milliarden Euro auf den Zuckerbereich. Im Wirtschaftsjahr 2020/21 wurden in Deutschland 2,93 Millionen Tonnen Zucker abgesetzt. 86 Prozent davon gingen an die Zucker verarbeitende Industrie, das Handwerk und die chemische Industrie. Gut 12 Prozent werden als Haushaltszucker über den Lebensmitteleinzelhandel verkauft.

Deutsche Brauereien relativ kleinstrukturiert

In 1.512 Braustätten in Deutschland mit ihren 27.200 Beschäftigten wurden 2021 rund 5.000 Biersorten gebraut. Der Bierausstoß lag bei 85,4 Millionen Hektolitern (davon 6,6 Mio. hl alkoholfrei), der Umsatz bei 7,6 Milliarden Euro. Gut 18 Prozent der deutschen Bierproduktion werden exportiert. Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier ist in den letzten Jahren zurückgegangen, besonders stark infolge der Corona-Pandemie. Von 96,8 Litern pro Person in 2019 ging der Verbrauch auf 92,4 in 2020 und dann auf 89,4 in 2021 zurück. Nach den Ausstoßzahlen stehen deutsche Brauereien damit an fünfter Stelle hinter China, den USA, Brasilien und Mexiko. Ein regionaler Schwerpunkt der Biererzeugung liegt in Bayern, wo sich fast jede zweite deutsche Braustätte befindet. Unter den vierzig größten Brauereien der Welt befinden sich sieben deutsche Gruppen. Die Radeberger-Gruppe belegt als größtes deutsches Unternehmen Platz 22 mit 10,6 Millionen Hektolitern Gesamtabsatz. Weltmarktführer ist die in Belgien ansässige Brauereigruppe AB InBev, die 2021 mit 581,7 Millionen Hektolitern 31,3 Prozent der weltweiten Bierproduktion von 1.859 Millionen Hektolitern Bier hergestellt hat, gefolgt von Heineken (NL) mit 231,2 Millionen Hektolitern (12,4 Prozent) und Carlsberg mit 119,6 Millionen Hektolitern (6,4 Prozent). Während die Konzentration großer Braugruppen auf dem Weltmarkt weiter fortschreitet, ist die Zahl privater Brauereien in Deutschland bis zum Beginn der Corona-Krise von Jahr zu Jahr gestiegen. In Deutschland sind größere Übernahmen wegen der starken Position regionaler Biere nicht in Sicht.

Marktmacht des Lebensmittelhandels ist groß

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland ist der größte Absatzkanal für die deutschen Lebensmittelhersteller. Die 30 größten Lebensmittelhändler in Deutschland konnten 2021 ihren Gesamtumsatz um 2,5 Prozent auf 273,4 Milliarden Euro steigern. Der Food-Umsatz lag hier bei knapp 231,5 Milliarden Euro, was ebenfalls eine Steigerung von 2,5 Prozent ausmacht. Nach den – der Corona-Pandemie geschuldeten – starken Steigerungen in 2020 ist das Umsatzwachstum in eine „normale“ Größenordnung zurückgefallen. Die Unternehmenskonzentration ist hoch, die vier größten Unternehmen – Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe und Aldi – vereinen knapp 75 Prozent Marktanteil auf sich. Ihnen gegenüber stehen fast 6.200 überwiegend kleine und mittelständische Lebensmittelhersteller. Durch diese ungleich verteilten Verhandlungspositionen entstehen unter den Lebensmittel-herstellern ein harter Qualitäts- und Preiswettbewerb und damit ein intensiver Wettbewerb um die Listenplätze der Handelsunternehmen.

Konzentration des Handels nimmt weiter zu

Die mit Abstand größte deutsche Handelskette ist die Edeka-Gruppe mit einem Umsatzanteil von 25,2 Prozent (2021). Danach folgen die Rewe-Gruppe mit 20,6 Prozent, die Schwarz-Gruppe (Lidl) mit 17,8 Prozent und die Aldi-Gruppe mit 11,3 Prozent. Die deutschen Konsumenten werden heute (2021) von 37.000 Filialen des Lebensmitteleinzelhandels täglich mit frischen Lebensmitteln und Getränken versorgt. Zehn Jahre zuvor (2011) waren es noch entsprechend 39.200 Geschäfte. Binnen 10 Jahren ist die Anzahl der Lebensmittelgeschäfte damit um 6 Prozent zurückgegangen. Für das Jahr 2022 erwarten die Lebensmittelhändler ein kräftiges preisbedingtes Umsatzwachstum.

Discounter und Vollsortimenter im Wettbewerb

Im Jahr 2021 erwirtschafteten Discounter einen Anteil von 43,7 Prozent am Gesamtumsatz im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Damit bleibt diese Vertriebslinie trotz leichten Anteilsverlusten der wichtigste Verkaufskanal des deutschen Lebensmittelhandels. Dieser Vertriebskanal ist auch im internationalen Vergleich sehr hoch. Während Vollsortimenter wie Edeka und Rewe verstärkt auf flexible Angebote (Aktionsgeschäft), Service, Eigenmarken und offensive Marketingstrategien setzen, bieten Discounter wie Aldi und Lidl günstigere Preise und nehmen mehr Markenartikel und Frischeprodukte in die Regale. Um sich am Markt zu profilieren, werden zunehmend Produktprogramme eingeführt, bei denen Nachhaltigkeitsaspekte im Vordergrund stehen.

Convenience mit den meisten Produktinnovationen

Das Lebensmittelangebot in Deutschland umfasst mehr als 170.000 Produkte. Gut 40.000 neue Produkte erweitern jährlich das Angebot und lassen auch neue Marktsegmente entstehen. Nur gut 13.000 davon behaupten sich über zwei Jahre hinaus, der Rest weicht neuen Trends. Superfoods, vegetarische, vegane, gluten- und laktosefreie Produkte, Light- und Convenience-Produkte, aber auch Produkte mit besonderen Produktionsmerkmalen wie regional, nachhaltig, Fair Trade und Bio sind heute am Markt ständig verfügbar. Im Trend wird das Produktportfolio stetig weiter spezialisiert und differenziert. Individuelle Bedürfnisse haben ein vielfältiges Lebensmittelangebot hervorgebracht. Fertigprodukte, im Englischen Convenience-Produkte genannt, sind die wichtigsten Innovationstreiber.

Trend hin zu Fertigprodukten

80 bis 90 Prozent aller in Deutschland konsumierten Lebensmittel sind Fertigprodukte. Während Versorgungssicherheit und lange Haltbarkeit die Ursprungsidee von Fertigprodukten waren, stehen heute die Arbeitsverringerung im Haushalt, schnelle und einfache Nahrungszubereitung sowie die Anpassung an einen flexiblen Lebensstil im Vordergrund. Sozio-demografische Trends wie die steigende Anzahl an Ein-Personen-Haushalten oder eine höhere Erwerbstätigenquote befördern diese Entwicklung. Hinzu kommt ein Wertewandel, der zu einer höheren Freizeitorientierung und einem Rückgang von festen Mahlzeitstrukturen führt. Auch mehr Flexibilität im Berufsleben sorgt für eine Abkehr von traditionellen Ernährungsmustern. 82 Prozent der Menschen in Deutschland sehen in Fertigprodukten eine große Erleichterung im Alltag. Aber auch „auswärts essen“ liegt hierzulande im Trend: mindestens einmal in der Woche gehen 16 Prozent in ein Wirtshaus oder Restaurant, 11 Prozent besuchen die Kantine und weitere 11 Prozent lassen sich fertige Gerichte nach Hause liefern.

Umsatzeinbruch in der Gastronomie

Der Außer-Haus-Markt ist in Deutschland nach dem Lebensmitteleinzelhandel der zweitwichtigste Absatzkanal. Er litt 2020 und auch 2021 erheblich unter den Folgen der Corona-Krise. Die 2021 wieder etwas gestiegenen Umsätze blieben allerdings weit hinter den Ergebnissen von 2019 zurück. 2021 wurden beim Außer-Haus-Markt 56,9 Milliarden Euro umgesetzt (ohne Verpflegung im Gesundheitssektor). Gegenüber dem Vorjahr sind das zwar gut 6 Prozent mehr, gegenüber 2019 aber immer noch fast ein Drittel (31 Prozent) weniger. Dieser Markt umfasst im Wesentlichen vier Teilbereiche: Die klassische Bediengastronomie in Gaststätten, Restaurants und Hotels (gegenüber 2020 plus 8,5 Prozent), Imbisse und Schnellrestaurants (+ 7,2 Prozent), die Erlebnisgastronomie (+ 0,4 Prozent) sowie die Arbeits- und Ausbildungsplatzverpflegung (- 2,6 Prozent). Das weitere Minus bei den Kantinen und Mensen ist auf die Zunahme von Homeoffice und Home-Schooling zurückzuführen. 2022 wird auf Grund der insgesamt weniger starken Corona-bedingten Absatzeinschränkungen wieder mit einem weiteren Anstieg des Außer-Haus-Marktes gerechnet. Gebremst wird dieser Anstieg durch Konsumeinschränkungen der Verbraucher infolge starker Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln.

Steigende Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten

Mehr Menschen verzichten teilweise oder ganz auf Lebensmittel vom Tier.

Tierwohlaspekte treten immer mehr in den Vordergrund

Gefragt nach Gründen für den Kauf der Alternativprodukte, ist nach Angaben des BMEL-Ernährungsreportes 2022 die Neugier entscheidend (75 Prozent). Für 71 Prozent, und damit deutlich mehr als 2021, sind Tierschutzgründe ausschlaggebend. Bei Fleisch und Wurstwaren wird nach einer groß angelegten Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus 2021 Qualität stark mit nicht unmittelbar wahrnehmbaren Aspekten wie Tierhaltung und Regionalität verknüpft. Daneben wird die Wertigkeit auch über die Sensorik vermittelt, in erster Linie über den Geschmack. Der Trend des auf diese Weise nachhaltiger werdenden Fleischkonsums kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Anzahl von Fleischprodukten mit Nachhaltigkeitskennzeichnung seit 2017 stark zugenommen hat. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstitutes Civey im Auftrag des Forums Moderne Landwirtschaft (FML) aus Juli/August 2022 waren für knapp 48 Prozent der 2.500 befragten Bürger die hohen Tierwohlstandards ein besonders wichtiges Ziel. Mit etwa 45 Prozent folgte die Versorgungssicherheit knapp dahinter. Weitere Kriterien waren die umweltschonende Produktion (Zustimmung von knapp 41 Prozent der Teilnehmer), die klimaschonende Produktion (32 Prozent), die Preisstabilität (31 Prozent), die Biodiversität (28 Prozent), hohe Qualitätsstandards (23 Prozent) und eine hohe Produktivität (14 Prozent).

Veggie-Trend

Laut GfK-Haushaltspanel gaben die privaten Haushalte 2021 rund 1,61 Milliarden Euro für vegetarische und vegane Alternativen zu Fleisch- und Milcherzeugnissen aus. Dabei ist die Margarine als „Mutter aller pflanzenbasierten Alternativen“ nicht berücksichtigt. Auch Ei-Alternativen sind nicht dabei. Die in 2021 produzierten 97.900 Tonnen Fleischersatzprodukte waren gegenüber dem Vorjahr 17 Prozent mehr. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war damit ein Umsatz von 458 Millionen Euro verbunden (gegenüber Vorjahr plus 22 Prozent). Trotz dieses Anstiegs fällt der Wert von pflanzlichen Fleischersatzprodukten im Vergleich zu Fleischprodukten verhältnismäßig gering aus. Der Wert von in Deutschland produziertem Fleisch und Fleischerzeugnissen betrug im Jahr 2021 rund 35,6 Milliarden Euro – und damit fast das Achtzigfache des Wertes der veganen und vegetarischen Varianten. Basis für die meisten Fleischersatzprodukte ist industriell verarbeitetes Protein, das aus Weizen, Soja oder anderen eiweißhaltigen Pflanzen wie Erbsen, Linsen oder Lupinen gewonnen wird.

Laborfleisch lässt weiter auf sich warten

Bei der Alternative von Fleisch aus Zellkulturen („In-vitro-Fleisch“) übersteigen die Produktionskosten die Kosten traditioneller Produkte immer noch um ein Vielfaches. Auch der Energieverbrauch und die CO2-Bilanz sind weiterhin erheblich schlechter als bei den konventionellen Erzeugnissen. Die Frage, ob Laborfleisch grundsätzlich gesünder ist, gilt in der Forschung als noch nicht beantwortet. In der EU ist diese Art von Fleischersatz bislang nicht zugelassen. Weltweit widmen sich zahlreiche Unternehmen, Investoren und über 70 Start-ups der Erzeugung von „kultiviertem Fleisch“. Zur Herstellung von Laborfleisch werden vom Tier stammende Muskel- und Fettzellen (Stammzellen) in einer Nährlösung auf Basis pflanzlicher Proteine über verschiedene Zellstadien hinweg vermehrt.

Ersatzprodukte sind weiter im Kommen

Ob Soja-, Mandel-, Hafer- oder Kokosmilch oder Käse aus Cashewnüssen – mittlerweile ist der Markt für sogenannte Milchersatzprodukte vielfältig und stößt bei den Konsumenten auf ein zunehmendes Interesse. Das Umsatzvolumen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels bei Milchersatzprodukten stieg 2021 um 28 Prozent auf 843 Millionen Euro, davon 512 Mio. Euro bei Milchersatzgetränken. Wegen einer stärkeren finanziellen Belastung der Haushalte wird in 2022 mit einem deutlich abgeschwächten Wachstum bei den deutlich teureren Ersatzprodukten gerechnet. Bei den Milch-ersatzprodukten handelt es sich um Imitate tierischer Milch und Milchprodukte – etwa von Konsum-milch, Käse, Joghurt oder Sahne. Hergestellt werden diese Imitate auf pflanzlicher Basis. Die verschiedenen pflanzlichen Quellen unterscheiden sich jeweils nach Geschmack und Eigenschaften (z. B. Nährstoffgehalt). Auch wenn die Bezeichnung „Milchersatzprodukte“ sehr gängig ist, so sind die Hersteller dieser Ersatzprodukte gesetzlich dazu verpflichtet, das Prädikat „Milch“ in der Produkt-bezeichnung zu vermeiden, um eine Verwechslung mit tierischer Milch auszuschließen. Aus diesem Grund greifen die Produzenten – wie Oatly, Alnatura oder Alpro (Danone) – auf Bezeichnungen wie „Haferdrink“ oder „Nilk“ zurück. Ei-Ersatzprodukte können auf Basis unterschiedlicher Pflanzen-proteine, beispielsweise aus Sojabohnen, Ackerbohnen oder Süßlupinen, hergestellt werden. Ebenso wie kommerziell erhältliche Fleischersatzprodukte aus Leguminosenproteinen werden Eiersatzprodukte aus zuvor isolierten Proteinen hergestellt.

Ansprüche an Lebensmittel steigen und werden immer vielfältiger

Proteinreiche, vegetarische, vegane, amerikanische oder mit Superfoods angereicherte Lebensmittel (Funktional Food) sind die Trendprodukte der letzten Jahre. Aber auch Produkte mit besonderen Merkmalen wie regional, nachhaltig, Fair Trade und Bio sind am Markt ständig verfügbar. Auf alle ernährungsphysiologischen Eigenschaften von glutenfrei, laktosefrei, kalorienarm bis eiweiß- oder ballaststoffreich wird Rücksicht genommen. Die Produktauswahl wächst. Zu jedem Produkt bzw. Fertigprodukt gibt es eine vermehrte Zahl von Alternativen. Gleichzeitig können sich die Konsumenten auf Grund von Digitalisierungsfortschritten einfacher im Markt orientieren, schneller bezahlen oder personalisierter einkaufen.

Lebensmittel aus der Region weiter im Aufwärtstrend

Lebensmittel sollen aus der Region kommen – darauf legen 83 Prozent der Befragten beim Einkauf Wert. Damit ist der Anteil seit 2016 (73 Prozent) deutlich gestiegen. Je nach Produkt gibt es aber Unterschiede: Vor allem bei Eiern und frischem Gemüse und Obst ist die regionale Herkunft wichtig – für 86 bzw. 84 Prozent der Befragten ist sie hier von Bedeutung. Bei Fleisch und Wurstwaren gilt das für drei Viertel der Befragten (76 Prozent). Deutlich weniger achten hingegen beim Kauf von haltbar gemachtem Gemüse (23 Prozent) oder bei Teigwaren (20 Prozent) auf die regionale Herkunft. Ältere Menschen legen größeren Wert auf die regionale Herkunft der Produkte als jüngere.

Was ist regional?

Bundesweit gibt es nahezu unzählige Marken, Qualitätszeichen und Siegel, die Regionalität betonen. Allerdings sind Bezeichnungen wie „aus der Region“ und „heimisch“ nicht geschützt. Die Anbieter von regionalen Erzeugnissen können selbst bestimmen, wie groß ihre Region ist. Auch wird der Begriff „regional“ in der Bevölkerung unterschiedlich interpretiert. Dies reicht von einem Umkreis von 10 bis 50 km, über das Bundesland bis hin zu Deutschland. Mit regionalen Lebensmitteln verbinden Verbraucher Geschmack, Qualität und Frische, aber auch Heimat, einen engeren Bezug zum Lebensmittel, kurze Transportwege, Schließung von Nährstoffkreisläufen und Unterstützung der regionalen Wirtschaft. Mit der Corona-Krise haben sich die Ess- und Einkaufsgewohnheiten besonders im Hinblick auf die Bedeutung und Wertschätzung von regionalen Lebensmitteln geändert. Das Interesse an der Herkunft der Lebensmittel ist weiter deutlich gestiegen.

Regionale Lebensmittel stehen vor allem für Frische

Regionale Ware wird im Vergleich zu anderen Lebensmitteln als frischer (77 Prozent) wahrgenommen. Bei Bio-Ware haben nur 29 Prozent der Verbraucher in Deutschland diesen Eindruck. Die meisten regionalen Produkte werden im Lebensmitteleinzelhandel gekauft. Umfragen zufolge bewerten Verbraucher bei ihren Ernährungsentscheidungen die Aspekte Regionalität und Nachhaltigkeit höher als den Aspekt Gesundheit.

Gentechnikfrei

Mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel versehene Produkte werden immer häufiger vermarktet. Rund 3.800 Unternehmen nutzen bisher dieses Siegel. Über 15.000 Produkte sind mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel ausgezeichnet. Tierische Erzeugnisse wie Eier, Fleisch- oder Milchprodukte dürfen das Siegel nur tragen, wenn die hierfür gehaltenen Tiere nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden. Produkte mit „Ohne Gentechnik“-Siegel erzielten 2021 einen Gesamt-Jahresumsatz von 13,2 Milliarden Euro. Für 2022 wird von Experten des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik ein Umsatz von 13,7 Milliarden Euro erwartet (gegenüber Vorjahr plus 4 Prozent), davon entfallen 71 Prozent auf Milch und Milcherzeugnisse. 76 Prozent der Milch in Deutschland werden inzwischen gentechnikfrei hergestellt. Vor zehn Jahren waren es erst fünf Prozent.

Trend zu digitalem Shopping auch bei Lebensmitteln

Der Lebensmittelhandel im Internet hat in der Corona-Krise in Deutschland einen kräftigen Schub erhalten. Mit der Pandemie brachen viele Konsumenten mit ihren Gewohnheiten und kauften häufiger Lebensmittel online. Nach Angaben des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes haben in 2021 22 Prozent der Verbraucher ab 16 Jahren angegeben, Lebensmittel, Getränke und Güter des täglichen Bedarfs in den letzten drei Monaten über das Internet erworben zu haben. Dennoch hält die E-Food-Branche in Deutschland immer noch einen eher geringen Anteil am gesamten Lebens-mittelmarkt. Im Jahr 2021 kam der Online-Handel mit Lebensmitteln auf einen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro (gegenüber Vorjahr plus 1,3 Mrd. Euro) und damit auf einen Marktanteil von rund 2,7 Prozent. Das waren 0,7 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Gemessen am gesamten E-Commerce-Umsatz in 2021 von 99,1 Milliarden Euro sind das 3,9 Prozent. Überwiegend werden Süßwaren, Fertiggerichte, Konserven und spezielle Lebensmittel im Web gekauft. Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukte sowie Obst und Gemüse rangieren hingegen unten auf der Online-Einkaufsliste. Auch werden zunehmend Lebensmittel aus der landwirtschaftlichen Direktvermarktung über das Internet vermarktet.