Hohe wirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2020) zwar nur 0,8 Prozent, am Produktionswert der deutschen Volkswirtschaft 1,0 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,3 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2020 einen Produktionswert von 59,8 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produktionswert des gesamten deutschen Textil-, Bekleidungs- und Schuhgewerbes mit 22,1 Milliarden Euro, des Papiergewerbes mit 39,5 Milliarden Euro oder der pharmazeutischen Industrie mit 53,9 Milliarden Euro.

Einkäufe der Landwirtschaft stützen die übrige Wirtschaft

Landwirte fragen viele Betriebsmittel, Investitionsgüter und Dienstleistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinaus eine breite Palette von Dienstleistungen. Diese reichen von der Beratung über Wartungsarbeiten bis hin zu Tiergesundheits- und Qualitätsüberwachung. Die produktionsbedingten Ausgaben der deutschen Landwirtschaft betrugen 2020 44,7 Milliarden Euro, wovon 9,7 Milliarden Euro auf Investitionen in Bauten und Maschinen entfallen. Zu den betriebsbedingten Ausgaben kommen u. a. die privaten Konsumausgaben der Land- und Forstwirte hinzu, die sich 2020 auf 7,5 Milliarden Euro beliefen.

Das Agribusiness ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige

Das Agribusiness hatte in 2020 in rund 700.000 Betrieben insgesamt 4,4 Millionen Beschäftigte. Damit sind fast 10 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland direkt oder indirekt damit beschäftigt, Menschen mit Essen und Trinken zu versorgen bzw. pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittelzwecke zu erzeugen. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze – vor allem in Landwirtschaft, Gastronomie, Handwerk und Einzelhandel – ist im ländlichen Raum angesiedelt. Mit zahlreichen attraktiven Ausbildungsberufen und -plätzen stellt das Agribusiness jeden 8. Ausbildungsplatz in Deutschland. So starten jedes Jahr rund 160.000 junge Menschen im Agribusiness in ihr Berufsleben.

Schlüsselbranche Landwirtschaft

Der Erwerbstätigenanteil der Landwirtschaft am gesamten Agribusiness beträgt gut 12 Prozent. Das heißt: Einem landwirtschaftlichen Arbeitsplatz stehen sieben weitere Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen gegenüber. Das gesamte Agribusiness erbrachte 2020 einen Produktionswert von geschätzten 472 Milliarden Euro oder knapp 8 Prozent des gesamtwirtschaftlichen Produktionswertes. Gemessen an der volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung beträgt der Anteil des Agribusiness gut 6 Prozent.

Landwirtschaftlicher Erwerbstätigenanteil bei 1,3 Prozent

In Deutschland übten 2020 580.000 Personen oder 1,3 Prozent aller Erwerbstätigen ihre überwiegende Erwerbstätigkeit in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei aus. Gut 38 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft sind als eigenständige Unternehmer tätig. Ihr Anteil an den Selbständigen in Deutschland beläuft sich auf 5,5 Prozent. Gemessen am gesamten Arbeitsvolumen der deutschen Wirtschaft beträgt der Anteil der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 1,6 Prozent. Ein Erwerbstätiger in Deutschland arbeitete im Jahr 2020 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt 1.324 Stunden. Überdurchschnittlich hoch fällt die Stundenzahl in der Land- und Forstwirtschaft mit 1.675 Stunden aus. Mit 2.246 Stunden liegen auch die Arbeitszeiten von Selbständigen in der Land- und Forstwirtschaft deutlich höher als bei den Selbständigen in der übrigen Wirtschaft mit 1.727 Stunden. Der Einsatz moderner Technik hat maßgebend dazu beitragen, dass körperliche Arbeit und Arbeitszeiten in der Landwirtschaft deutlich zurückgegangen sind. Der Umgang mit Natur, Umwelt und Tieren erfordert allerdings eine relativ hohe zeitliche Flexibilität.

Arbeitsproduktivität der Landwirtschaft relativ stark gestiegen

Gemessen an der Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen hat der Agrarsektor in Deutschland seine Produktivität in den letzten 20 Jahren stark gesteigert (+ 60 Prozent). Zum Vergleich: Im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft stieg die Produktivität um 43 Prozent. In absoluten Zahlen bleibt jedoch ein Abstand zu anderen Wirtschaftsbereichen.

Periphere ländliche Regionen vor großen Herausforderungen

Nach der Prognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) bleibt die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 mit einem Rückgang um ein Prozent auf 81,9 Millionen Personen relativ stabil, doch sind damit weiterhin deutliche regionale Veränderungen verbunden. Die Prognose geht von einer stark schrumpfenden Bevölkerung von bis zu 26 Prozent in peripher gelegenen Regionen aus, besonders in einigen ostdeutschen Regionen. Demgegenüber wird die Einwohnerzahl in den Ballungsräumen und ihrem Umland weiterhin steigen, teilweise um bis zu 10 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Personen im erwerbsfähigem Alter gegenüber 2017 um 11 Prozent auf 44,3 Millionen im Jahr 2040. Besonders peripher gelegene Regionen stehen damit von großen Herausforderungen auf dem Arbeits- und Fachkräftemarkt. Ihnen fehlen vor allem die jungen Erwerbstätigen.

Regionen im Wettbewerb

Viele Gebiete stehen angesichts der demografischen Entwicklung, der Abwanderung vor allem junger Menschen vor der Aufgabe, eine sich selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung und eine ausreichende Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Die Attraktivität ländlicher Räume als Arbeits-, Wohn- und Freizeiträume wird zunehmend von der Verfügbarkeit schnellen Internets und der regionalen Anbindung an überregionale Verkehrsinfrastrukturen geprägt. Das erleben auch landwirtschaftliche Betriebe, für die es besonders in Regionen mit rückläufigem Arbeitskräftepotential schwieriger wird, Berufsnachwuchs zu finden.

Feld und Wald sind auch wertvoll für Freizeit und Tourismus

Auf der Skala der Erholungsaktivitäten rangieren die landschaftsbezogenen Freizeitaktivitäten vorn, wie Spazierengehen, Spielen im Freien, Wandern und Radfahren. Die Land- und Forstwirtschaft erhält und pflegt 28,9 Millionen Hektar Acker, Wiesen und Wald. Das sind mehr als 80 Prozent der Fläche. Deutschland ist damit als Kulturlandschaft geprägt.

Landtourismus erfreut sich großer Beliebtheit

9,35 Millionen Deutsche favorisierten in 2021 Urlaub auf dem Bauernhof/Land als bevorzugtes Reiseziel. Die Tendenz ist in der Corona-Pandemie deutlich steigend. Das zeigen aktuelle Ergebnisse der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse. Als klare Hauptmotive für diese Urlaubsform werden die Ruhe des Landlebens, die Nähe zur Natur, die authentischen Einblicke in die Landwirtschaft und die persönliche Betreuung der Gastgeber angegeben. Bundesweit gibt es 160.000 entsprechende Bettenangebote. Unter den rund 10.300 von der Agrarstatistik erfassten landwirtschaftlichen Betrieben mit „Urlaub auf dem Bauernhof“ (knapp 4 Prozent aller Betriebe) befinden sich 2020 2.900 Ferienhöfe, die „Urlaub auf dem Bauernhof“ als rechtlich ausgelagerten Betrieb betreiben. Durch die Folgen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Lockdowns mussten die Anbieter von Urlaub auf dem Bauernhof in 2020 erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen.

Hohe Erwartungen an die Landwirtschaft

Zahlreiche Befragungen zeigen unter dem Strich zwar eine hohe Wertschätzung der Landwirtschaft. Jedoch sind bei aller Wertschätzung aber auch die Erwartungen hoch. Nach einer repräsentativen Befragung aus Mai 2020 macht die Ansprüche der Bevölkerung an die Landwirtschaft deutlich: Die Versorgung mit Nahrungsmitteln rangiert vor dem Einhalten von Tierwohlstandards und hat für die Menschen ebenso viel Bedeutung wie der Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaften. Damit einher geht die Erwartung, dass sich die Landwirte für den Umwelt- und Klimaschutz engagieren und dabei zugleich fortschrittlich agieren, die Artenvielfalt fördern und zur Energieversorgung beitragen. Relativ wenig interessiert zeigen sich die Verbraucher in Deutschland dagegen an der Erzeugung günstiger Lebensmittel.

Besonders hoch sind die Erwartungen beim Tierwohl

Die hohen Erwartungen der Bevölkerung an die Landwirtschaft spiegeln sich besonders bei der Frage des Tierwohls und der artgerechten Tierhaltung wider. 91 Prozent der Bevölkerung erwarten von den Landwirten, dass die Tierwohlstandards eingehalten werden. Aber nur 39 Prozent sind der Meinung, dass diese Standards auch wirklich eingehalten werden. Auch bei Umwelt- und Klimaschutz sowie bei der Pflege und Erhaltung der Landschaft klaffen Wunsch und Wirklichkeit deutlich auseinander. In einem Punkt werden die Erwartungen der Bevölkerung an die Landwirtschaft allerdings übertroffen: Fast drei Viertel der Befragten erkennen an, dass die Landwirtschaft preiswerte Nahrungsmittel produziert. Erwartet hatten das gerade mal 46 Prozent der Bevölkerung.

Herausforderungen der Landwirtschaft aus Sicht der Verbraucher

Nach der repräsentativen Befragung aus dem Jahr 2020 bezeichnen 86 Prozent der Befragten den Klimawandel als künftig größte Herausforderung für die deutschen Landwirte. An zweiter Stelle folgt eine „unsichere Preis- und Einkommenssituation“ mit 80 Prozent. 77 Prozent sind die Schwierigkeiten bewusst, die mit der Suche nach einem Nachfolger für die Hofübergabe verbunden sind. Einer mangelnden Wertschätzung der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit sind sich bundesweit 69 Prozent der Befragten bewusst.

Deutlicher Preisanstieg bei Nahrungsmitteln

Die Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des Verbraucherpreisindex gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert, lag in Deutschland 2020 bei 0,5 Prozent. Das Preisniveau für Nahrungsmittel stieg mit plus 2,3 Prozent deutlich stärker an. Für 2021 wird mit einer Inflationsrate von 3,2 Prozent und mit einem Preisanstieg bei Nahrungsmitteln von 3,0 Prozent gerechnet. Die gestiegene Inflationsrate ist auf die Mehrsteuerabsenkung in der 2. Jahreshälfte 2020 (Basiseffekt), sowie deutlich höhere Energie- und Rohstoffpreise zurückzuführen.

Nahrungsmittelpreise waren langfristig gesehen eine Inflationsbremse

Die Verbraucherpreise für Lebensmittel sind über viele Jahre hinweg deutlich langsamer angestiegen als die Verbraucherpreise insgesamt. Die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise wirkte damit inflationsbremsend. In den letzten Jahren allerdings stiegen die Nahrungsmittelpreise etwas stärker an als die übrigen Lebenshaltungskosten. In 2021 ist die Teuerung etwa gleich.

Verbraucher geben nur einen kleinen Teil ihres Einkommens für Nahrungs- und Genussmittel aus

Die gesamten Verbraucherausgaben beliefen sich 2020 auf 1.641,0 Milliarden Euro. Davon entfielen 254,2 Milliarden Euro oder 15,5 Prozent auf Nahrungs- und Genussmittel. Dazu kommen trotz „Corona“ 51,3 Milliarden Euro für Verpflegung in Gaststätten und Kantinen. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel an den gesamten Konsumausgaben ist in 2020 auf Grund der Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich angestiegen, im langjährigen Zeitvergleich ist dieser jedoch deutlich zurückgegangen. Der Grund für diesen Langfristtrend liegt in den Einkommenssteigerungen und in dem unterdurchschnittlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Der höhere Lebensstandard kommt besonders in zunehmenden Ausgaben für Wohnen, Verkehr, Freizeitaktivitäten und Gesundheitspflege zum Ausdruck.

Von einem Euro Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel erhält der Landwirt heute nur noch 21 Cent

Nahrungsmittel waren 2020 in Deutschland 2 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt. Besonders hochpreisig waren Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Dänemark. Dort lagen sie in 2020 um 29 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das Preisniveau eines vergleichbaren Warenkorbs lag in Dänemark etwa doppelt so hoch wie in Rumänien (65 Prozent des EU-Durchschnitts). Auch in Polen (68 Prozent) oder Ungarn und Bulgarien (80 bzw. 81 Prozent) sind die Nahrungsmittel im EU-Vergleich besonders günstig. Der Anteil der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel inländischer Herkunft lag im Jahr 2020 bei 21 Prozent. Anfang der 70er Jahre lag der entsprechende Anteil mit 48 Prozent mehr als doppelt so hoch. Bei Milch und Milcherzeugnissen betrug der Anteil in 2020 35 Prozent, bei Fleisch- und Fleischwaren 21 Prozent. Am niedrigsten ist der Erlösanteil nach wie vor bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit 4 Prozent.

Getreidepreise haben geringe Auswirkungen auf den Brotpreis

Landwirtschaftliche Erzeugerpreise für Backweizen von 200 Euro je Tonne stellen nur einen geringen Kostenfaktor bei der Brotherstellung dar. So entfallen bei einem Brötchen weniger als 7 Prozent des Preises auf seinen Getreideanteil. Für die Herstellung eines Brötchens benötigt der Bäcker etwa 34 Gramm Mehl. Bei einem Ausmahlungsgrad von rund 75 Prozent sind das lediglich 45 Gramm Weizen. Um den Brötchenpreis um nur einen Cent anzuheben, müsste sich der Getreidepreis verdoppeln. Schwerwiegender in der Preiskalkulation der Bäcker sind dagegen die Kosten für Energie und Arbeit. Seit 1950 sind die Löhne um das 25-fache und die Brotpreise um das 12-fache gestiegen – die Getreidepreise sind dagegen unverändert geblieben Von 1950 bis 2020 hat sich der Nettostundenverdienst eines Industriearbeiters auf mehr als das 25-fache erhöht. Da die Brotpreise nur um das 12-fache gestiegen sind, kann sich der Industriearbeiter für seinen Stundenlohn heute (2020) mehr als doppelt so viel Brot kaufen wie noch vor 70 Jahren. Der Weizenerzeugerpreis lag 2020 in etwa auf dem Niveau von 1950; bezogen auf das Endprodukt wie ein dunkles Mischbrot erlöst der Landwirt nur knapp 6 Prozent. Demgegenüber waren es 1950 entsprechend noch zwei Drittel des Brotpreises. Wären die Weizenpreise seit 1950 genauso stark gestiegen wie die Inflationsrate, dann könnten die landwirtschaftlichen Erzeuger für einen Doppelzentner (100 kg) heute (2020) etwa 98 Euro erlösen.

Unterschiedliche Verbrauchsentwicklungen bei den einzelnen Nahrungsmitteln

Der Verbrauch bei den einzelnen Nahrungsmitteln hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Steigende Verbrauchszahlen je Kopf der Bevölkerung werden bei Geflügel-, Rindfleisch, Getreideerzeugnissen und Eiern gemessen. Rückläufig ist dagegen der Verbrauch bei Schweinefleisch, während er bei vielen anderen Produkten von Jahr zu Jahr schwankt. Bei Fleisch ist der Unterschied zwischen dem Verzehr und dem Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung zu beachten, denn ein erheblicher Teil der Schlachtungen kann nicht für den menschlichen Verzehr verwendet werden.

Selbstversorgungsgrad fällt sehr unterschiedlich aus

Bei Weizen, Kartoffeln, Zucker, Milch und Schweinefleisch liegt der deutsche Selbstversorgungsgrad deutlich über 100 Prozent. Bei Obst, Gemüse, Eiern, Rind- und Schaffleisch dagegen liegt der Selbstversorgungsgrad zum Teil erheblich unter der 100 Prozent-Marke. Der Selbstversorgungsgrad, der das Verhältnis inländischer Erzeugung zum inländischen Verbrauch darstellt, schwankt bei pflanzlichen Erzeugnissen in Abhängigkeit von Witterung und Ernte von Jahr zu Jahr relativ stark.

Ernährungsindustrie ist ein starker Zweig der deutschen Wirtschaft

Mehr als vier Fünftel der landwirtschaftlichen Erzeugung werden über das Lebensmittelhandwerk und die Ernährungsindustrie zu hochwertigen Lebensmitteln weiterverarbeitet. Die deutsche Ernährungsindustrie erreichte 2020 einen Gesamtumsatz von 185,3 Milliarden Euro – davon 123,7 Milliarden Euro im Inland und 61,6 Milliarden Euro im Ausland. Der Export ist für die Ernährungsindustrie ein wichtiges Standbein – jeder dritte Euro (33,2 Prozent) wird im Ausland verdient. Die Exporte sind gegenüber dem Vorjahr etwas zurückgegangen (- 1,4 Prozent), während das Inlandsgeschäft leicht zugenommen hat (+ 0,7 Prozent). 2020 waren in 6.163 Betrieben der Ernährungsindustrie (Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten) rund 614.000 Menschen beschäftigt. Die stark von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägte Ernährungsindustrie ist vom Umsatz her nach dem Fahrzeugbau, dem Baugewerbe und dem Maschinenbau die viertgrößte Branche der deutschen Industrie. Die deutsche Lebensmittelindustrie ist nach der in Frankreich die umsatzstärkste in Europa. Mit insgesamt 170.000 verschiedenen Produkten gibt es kaum ein Produktsegment, das nicht in Deutschland hergestellt wird.

Image deutscher Lebensmittel im Ländervergleich führend

Deutsche Lebensmittel haben im Vergleich zu Ware aus anderen Ländern beim Verbrauchervertrauen einen großen Vorsprung. Danach gaben 78 Prozent der befragten Bundesbürger an, darauf zu vertrauen, dass in Deutschland erzeugte Nahrungsmittel nicht gesundheitsschädlich sind. Deutlich schlechter fielen die Ergebnisse für Lebensmittel aus Frankreich und den Niederlanden mit 57 und 51 Prozent aus. Ware aus Belgien kam lediglich auf 48 Prozent, gefolgt von Lebensmitteln aus dem Vereinigten Königreich mit nur 39 Prozent. Der Export ist zwischen 2010 und 2020 um 44 Prozent gestiegen und trägt heute (2020) 33,2 Prozent zum Gesamtumsatz bei. 2010 lag der Anteil noch bei knapp 28,2 Prozent. Sichere, qualitativ hochwertige Lebensmittel sind ein Markenzeichen im Export. 71 Prozent der deutschen Lebensmittelexporte werden im EU-Binnenmarkt abgesetzt. Besonders gefragt sind deutsche Süß-, Backwaren, Fleisch- und Milchprodukte.

Mittelständische Ernährungsindustrie unter hohem Wettbewerbsdruck

Angesichts der dominanten Marktposition des Lebensmittelhandels kann die Ernährungsindustrie gestiegene Kosten häufig nur schwer auf die Verkaufspreise überwälzen. Die Konzentration der Unternehmen der Ernährungsindustrie hat zwar weiter zugenommen, ist aber im Vergleich zum Lebensmitteleinzelhandel oder zu anderen Wirtschaftsbereichen weiterhin relativ gering. 90 Prozent der Beschäftigten in der deutschen Ernährungsindustrie arbeiten in Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Durch die überwiegend ländlichen Produktionsstandorte sichert die Branche Stabilität und Beschäftigung in allen Regionen Deutschlands. Der Umsatzdurchschnitt je Betrieb liegt bei rund 30,1 Millionen Euro. Nach einer aktuellen Branchenumfrage wird an erster Stelle der Zukunftstrends der Preis- und Margendruck gesehen, von dem 84 Prozent der Branchenexpertinnen und -experten annehmen, dass er sich fortsetzen wird. Ähnlich hoch bewerten die Befragten den Komplex „New Work”. Unter diesem Begriff wird der Rückgang von Dienstreisen sowie die weitere Zunahme von flexiblen Arbeitsformen und Homeoffice zusammengefasst. Darüber hinaus werden Nachhaltigkeit und Digitalisierung als branchenübergreifende Trends das weitere Handeln im Ernährungssektor bestimmen.

Immer weniger Bäckereien und Fleischereien

Die Zahl der Bäckereien und Fleischereien geht weiter zurück. Ende 2020 wurden in der Betriebsstatistik des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) insgesamt 10.200 Bäckereien gezählt. Ende 2010 waren es in Deutschland noch 14.600 Betriebe, was einem Rückgang von 30 Prozent entspricht. Für das Fleischerhandwerk verzeichnet die Statistik für Ende 2020 12.400 Betriebe. Zehn Jahre zuvor lag die Zahl der Fleischerbetriebe noch bei 17.200 (- 28 Prozent). Gründe für diese Entwicklung sind komplexer werdende Rahmenbedingungen im Lebensmittelhandwerk und ein harter Wettbewerb mit dem Einzelhandel.

Raiffeisen-Genossenschaften trotz Corona 2020 mit stabilen Umsätzen

Die Raiffeisen-Genossenschaften sind mit ihren 92.000 Beschäftigten Marktpartner von Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und Lebensmittelhandel. Ihre Zahl ist über die Jahre deutlich rückläufig, was vor allem dem Fusions- und Kooperationsbestreben der Unternehmen geschuldet ist. Die 1.766 Raiffeisen-Genossenschaften erzielten 2020 einen Umsatz von 64,5 Milliarden Euro. Trotz Corona-Pandemie ist das gegenüber dem Vorjahr nur ein Rückgang von 0,4 Milliarden Euro. Beim Blick auf einzelne Geschäftsfelder zeigt sich ein differenziertes Bild. Während die Nachfrage aus dem Lebensmitteleinzelhandel zeitweise deutlich angestiegen ist, ist der Absatz im Bereich des Außer-Haus-Verzehrs eingebrochen. Die genossenschaftlich organisierte Milchwirtschaft verzeichnete 2020 einen Umsatz von 13,6 Milliarden Euro. Die Vieh- und Fleischgenossenschaften generierten 2020 Umsätze in Höhe von 6,7 Milliarden Euro. Umsatzstärkste Genossenschafts-Sparte ist mit 37,5 Milliarden Euro die Warenwirtschaft. Ausgehend von rund 262.800 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland und rund 415.000 Mitgliedschaften von Landwirten, Winzern und Gärtnern ist statistisch betrachtet jeder Betrieb an nahezu zwei Genossenschaften beteiligt.

Fleischbranche mit einem Umsatz von 44,5 Milliarden Euro

Der Umsatz der Fleischbranche mit ihren 128.400 Beschäftigten betrug in 2020 45,0 Milliarden Euro, davon 10,4 Milliarden Euro oder 23,1 Prozent im Auslandsgeschäft. Die Fleischbranche macht mit ihrem Umsatz fast ein Viertel (24,0 Prozent) des Gesamtumsatzes des deutschen Ernährungsgewerbes aus.

Drei Schlachtunternehmen beliefern 59 Prozent des Marktes

Die Konzentration in der Fleischbranche schreitet weiter fort. Die drei größten Schlachtunternehmen – Tönnies, Vion und Westfleisch – schlachteten 2020 59 Prozent der 53,3 Millionen in Deutschland geschlachteten Schweine. Das Ranking der Schweine-Schlachtunternehmen führt die Tönnies-Gruppe mit 16,3 Millionen Schweine-Schlachtungen an. An zweiter und dritter Stelle rangieren der niederländisch-deutsche Vion-Konzern und die Westfleisch mit 7,6 bzw. 7,5 Millionen Tieren. Bei den Rinderschlachtungen führt der Vion-Konzern die Rangliste vor der Tönnies-Gruppe und der Westfleisch.

Handelsketten mit Fleischwerken

Die Konzentration im Schlachtviehbereich kommt auch darin zum Ausdruck, dass viele Schlachtunternehmen durchgehende Verarbeitungsketten vom Lebendtier bis zum verpackten Frischfleisch oder zur Wurst aufgebaut haben. Bedeutende Akteure sind mittlerweile die Fleischwerke des Handels. Spitzenreiter sind Edeka Südwest Fleisch und Kaufland/Lidl mit einem Jahresumsatz von jeweils um die 850 Millionen Euro. Unter den 10 umsatzstärksten Fleischwerken des Handels mit einem Gesamtumsatz von 5,4 Milliarden Euro befinden sich sieben regionale Edeka-Fleischwerke. Auf sie entfällt ein Umsatz von gut 3,4 Milliarden Euro.

Molkereibranche weiter im Umbruch

Im Ranking der weltweit größten Milchverarbeiter führt das französische Lactalis, gefolgt vom Nestlé-Konzern und von Dairy Farmers of America. Unter den TOP 20-Molkereien der Welt befinden sich mit dem Deutschen Milchkontor (Platz 12) und Müller Milch (Platz 20) auch zwei deutsche Unternehmen. Experten gehen von einem weiteren Konzentrationsprozess der Milchverarbeitungsunternehmen aus.

Deutsche Milchwirtschaft wächst über den Export

Die deutsche Milchwirtschaft ist mit einem Umsatz von 28,4 Milliarden Euro (ohne Speiseeis) und rund 41.500 Beschäftigten (2020) die zweitgrößte Sparte der deutschen Ernährungsindustrie. 32 Prozent der von den Molkereien verarbeiteten Milch ist für den Export bestimmt. Rund zwei Drittel der in Deutschland erzeugten Milch werden von genossenschaftlichen Unternehmen verarbeitet. Die Zahl der Milch verarbeitenden Unternehmen in Deutschland hat im Zeitverlauf stark abgenommen. 2020 gab es noch 214 Milch verarbeitende Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten. Täglich werden von den deutschen Molkereien zusammen rund 89.200 Tonnen Milch zu hochwertigen Lebensmitteln verarbeitet.

Deutsche Brauereien relativ kleinstrukturiert

In 1.528 Braustätten in Deutschland mit ihren 27.300 Beschäftigten wurden 2020 rund 5.000 Biersorten gebraut. Der Bierausstoß lag bei 87,0 Millionen Hektolitern, der Umsatz bei 7,6 Milliarden Euro. Etwa 17 Prozent der deutschen Bierproduktion werden exportiert. Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier ist in den letzten Jahren zurückgegangen, besonders stark durch die Folgen der Corona-Pandemie im Jahr 2020. Von 99,7 Litern pro Person in 2019 ging der Verbrauch auf 94,6 in 2020 zurück. Nach den Ausstoßzahlen stehen deutsche Brauereien im weltweiten Vergleich damit an fünfter Stelle hinter China, den USA, Brasilien und Mexiko. Ein regionaler Schwerpunkt der Biererzeugung liegt in Bayern, wo sich fast jede zweite deutsche Braustätte befindet. Unter den vierzig größten Brauereien der Welt befinden sich acht deutsche Gruppen: Die Radeberger-Gruppe belegt als größtes deutsches Unternehmen Platz 22 mit 11,1 Millionen Hektolitern. Die acht größten deutschen Brauereien machen zusammen nur einen Weltmarktanteil von 2,8 Prozent aus. Weltmarktführer ist die in Belgien ansässige Brauereigruppe AB InBev, die 25,7 Prozent der weltweiten Bierproduktion von 1.820 Millionen Hektolitern Bier herstellt, gefolgt von Heineken mit 12,2 Prozent und Carlsberg mit 6,0 Prozent (2020).

Marktmacht des Lebensmittelhandels ist groß

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland ist der größte Absatzkanal für die deutschen Lebensmittelhersteller. Er erzielte 2020 einen Umsatz einschließlich Non Food von 267,1 Milliarden Euro. Durch die Corona-bedingten Mehrumsätze ist das gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 5,5 Prozent. Der darin enthaltene Food-Bereich stieg sogar um 5,9 Prozent auf 222,7 Milliarden Euro. Die Unternehmenskonzentration ist hoch, die fünf größten Unternehmen – Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe, Aldi und Metro – vereinen knapp 79 Prozent Marktanteil auf sich. Ihnen gegenüber stehen über 6.100 überwiegend kleine und mittelständische Lebensmittelhersteller. Durch diese ungleich verteilten Verhandlungspositionen entstehen unter den Lebensmittelherstellern ein harter Qualitäts- und Preiswettbewerb und damit ein intensiver Wettbewerb um die Listenplätze der Handelsunternehmen.

Konzentration des Handels nimmt weiter zu

Die mit Abstand größte deutsche Handelskette ist die Edeka-Gruppe mit einem Umsatzanteil von 25,2 Prozent (2020). Danach folgt die Rewe-Gruppe mit 20,8 Prozent, die Schwarz-Gruppe (Lidl) mit 17,1 Prozent und die Aldi-Gruppe mit 11,4 Prozent. Die deutschen Konsumenten werden heute (2020) von 37.400 Filialen des Lebensmitteleinzelhandels täglich mit frischen Lebensmitteln und Getränken versorgt. Zehn Jahre zuvor (2010) waren es noch entsprechend 39.300 Geschäfte. Binnen 10 Jahren ist die Anzahl der Lebensmittelgeschäfte damit um 5 Prozent zurückgegangen. Für das Jahr 2021 erwarten die Lebensmittelhändler unter dem Strich ein Umsatzwachstum von knapp einem Prozent.

Discounter und Vollsortimenter im Wettbewerb

Im internationalen Vergleich ist der Marktanteil der Discounter in Deutschland mit 43,6 Prozent weiterhin sehr hoch. Während Vollsortimenter wie Edeka und Rewe verstärkt auf flexible Angebote (Aktionsgeschäft), Service, Eigenmarken und offensive Marketingstrategien setzen, bieten Discounter wie Aldi und Lidl günstigere Preise und nehmen mehr Markenartikel und Frischeprodukte in die Regale. Um sich am Markt zu profilieren, werden zunehmend Produktprogramme eingeführt, bei denen Nachhaltigkeitsaspekte im Vordergrund stehen.

Convenience mit den meisten Produktinnovationen

Das Lebensmittelangebot in Deutschland umfasst mehr als 170.000 Produkte. Gut 40.000 neue Produkte erweitern jährlich das Angebot und lassen auch neue Marktsegmente entstehen. Nur gut 13.000 davon behaupten sich über zwei Jahre hinaus, der Rest weicht neuen Trends. Fertigprodukte, im Englischen Convenience-Produkte genannt, liegen dabei auf Platz eins der wichtigsten Innovationstreiber. Auf Platz 2 und 3 der Innovationstreiber folgen nach einer aktuellen Trendstudie die Attribute „gesund“ und „nachhaltig“.

Corona-Pandemie sorgt für Trend beim Kochen

80 bis 90 Prozent aller in Deutschland konsumierten Lebensmittel sind Fertigprodukte. Während Versorgungssicherheit und lange Haltbarkeit die Ursprungsideen von Fertigprodukten waren, stehen heute die Arbeitsverringerung im Haushalt, schnelle und einfache Nahrungszubereitung sowie die Anpassung an einen flexiblen Lebensstil im Vordergrund. Sozio-demografische Trends wie die steigende Anzahl an Ein-Personen-Haushalten oder eine höhere Erwerbstätigenquote befördern diese Entwicklung. Hinzu kommt ein Wertewandel, der zu einer höheren Freizeitorientierung und einem Rückgang von festen Mahlzeitstrukturen führt. Auch mehr Flexibilität im Berufsleben sorgt für eine Abkehr von traditionellen Ernährungsmustern. 82 Prozent der Menschen in Deutschland sehen in Fertigprodukten eine große Erleichterung im Alltag.

Umsatzeinbruch in der Gastronomie

Der Außer-Haus-Markt ist in Deutschland nach dem Lebensmitteleinzelhandel der zweitwichtigste Absatzkanal. Er litt in 2020 und auch 2021 erheblich unter den Lockdowns der Corona-Krise. 2020 wurden beim Außer-Haus-Markt „nur“ 53,6 Milliarden Euro umgesetzt (ohne Verpflegung im Gesundheitssektor). Gegenüber dem Vorjahr sind das gut 35 Prozent weniger. Dieser Markt umfasst im Wesentlichen vier Teilbereiche: Die klassische Bediengastronomie in Gaststätten, Restaurants und Hotels (gegenüber 2019 minus 44,9 Prozent), Imbisse und Schnellrestaurants (- 16,8 Prozent), die Erlebnisgastronomie (- 46,2 Prozent) sowie die Arbeits- und Ausbildungsplatzverpflegung (- 44,8 Prozent). In 2021 wird auf Grund der insgesamt weniger starken Corona-bedingten Absatzbeschränkungen wieder mit einem Anstieg des Außer-Haus-Marktes gerechnet, der aber das Minus des Vorjahres bei weitem nicht ausgleichen kann. Immer mehr Menschen hierzulande probieren zudem Lieferdienste aus.

Steigende Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten

Mehr Menschen verzichten teilweise oder ganz auf Lebensmittel vom Tier. Die Anzahl der Menschen in Deutschland, die sich selbst als Vegetarier einordnen, lag im Jahr 2021 laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse unter 23.000 Bürgern im Alter von 14 Jahren an bei 7,5 Millionen. Damit waren es rund eine Million Personen mehr als noch ein Jahr zuvor. Der Anteil an Befragten, die sich vegetarisch ernähren, liegt damit bei gut 10 Prozent. Der Anteil der Veganerinnen und Veganer ist 2021 auf 2 Prozent gestiegen.

Tierwohlaspekte treten immer mehr in den Vordergrund

Gefragt nach Gründen für den Kauf der Alternativprodukte, ist nach Angaben des BMEL-Ernährungsreportes 2021 die Neugier entscheidend (71 Prozent). Für 59 Prozent, und damit deutlich mehr als 2020, sind Tierschutzgründe ausschlaggebend. Bei Fleisch und Wurstwaren wird nach einer groß angelegten Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus 2021 Qualität stark mit nicht unmittelbar wahrnehmbaren Aspekten wie Tierhaltung und Regionalität verknüpft. Daneben wird die Wertigkeit auch über die Sensorik vermittelt, in erster Linie über den Geschmack. Der Trend des auf diese Weise nachhaltiger werdenden Fleischkonsums kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Anzahl von Fleischprodukten mit Nachhaltigkeitskennzeichnung seit 2017 stark zugenommen hat.

Lust auf Gemüse und Obst gestiegen

76 Prozent der Anfang 2021 von forsa befragten Verbraucher essen Obst und Gemüse täglich. Ein Jahr zuvor waren es noch entsprechend 70 Prozent. Für 99 Prozent von ihnen gilt: Sie greifen zu Gemüse und Obst, weil es ihnen schmeckt. Zudem begründen es 96 Prozent auch mit gesundheitlichen Aspekten. Absolute Spitzenreiter auf den täglichen Speiseplänen sind daneben Milchprodukte wie Käse und Joghurt (64 Prozent). Alternativen zu tierischen Produkten wie Soja-Drinks, Tofu-Würstchen oder vegane Käse-Alternativen nehmen acht Prozent der Befragten nach eigenen Angaben mindestens einmal täglich zu sich. Besonders bei den 14- bis 29-Jährigen sind diese Produkte beliebter geworden. 17 Prozent essen diese mindestens einmal täglich.

Veggie-Trend

Laut GfK-Haushaltspanel gaben die privaten Haushalte 2020 rund 1,25 Milliarden Euro für vegetarische und vegane Alternativen zu Fleisch- und Milcherzeugnissen aus. Dabei ist die Margarine als „Mutter aller pflanzenbasierten Alternativen“ nicht berücksichtigt. Auch Ei-Alternativen sind nicht dabei. Im Jahr 2020 produzierten die Unternehmen hierzulande im Vergleich zum Vorjahr knapp 39 Prozent mehr Fleischersatzprodukte: Von knapp 60.400 Tonnen stieg die Produktion nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf gut 83.700 Tonnen. Der Wert dieser Produkte erhöhte sich binnen Jahresfrist von 273 auf 375 Millionen Euro (+37 Prozent). Trotz dieses Anstiegs fällt der Wert von pflanzlichen Fleischersatzprodukten im Vergleich zu Fleischprodukten verhältnismäßig gering aus. Der Wert von in Deutschland produziertem Fleisch und Fleischerzeugnissen betrug im Jahr 2020 rund 38,6 Milliarden Euro – und damit mehr als das Hundertfache des Wertes der Fleischersatzprodukte wie zum Beispiel vegetarischer Brotaufstrich, Tofu-Produkte, vegetarische oder vegane Lebensmittel, die dem äußeren Anschein nach Wurst ähneln. Bei Fleisch aus Zellkulturen („In-vitro-Fleisch“) übersteigen die Produktionskosten die Kosten traditioneller Produkte immer noch um ein Vielfaches. Der Konsum von Hafer-Lebensmitteln ist ausgehend von einem relativ niedrigen Niveau stark gestiegen. Die Verarbeitungsmengen in den Hafermühlen haben sich in den vergangenen zehn Jahren um 70 bis 80 Prozent erhöht. Produktinnovationen wie Porridge-Mischungen oder verschiedene Arten von Haferdrinks beflügeln das Wachstum. Die Hafer-Anbauflächen in Deutschland sind zwischen 2011 und 2021 um 34.000 Hektar auf 177.000 Hektar ausgedehnt worden.

Ansprüche an Lebensmittel steigen und werden immer vielfältiger

Proteinreiche, vegetarische, vegane, amerikanische oder mit Superfoods angereicherte Lebensmittel (Funktional Food) sind die Trendprodukte der letzten Jahre. Aber auch Produkte mit besonderen Merkmalen wie regional, nachhaltig, Fair Trade und Bio sind am Markt ständig verfügbar. Auf alle ernährungsphysiologischen Eigenschaften von glutenfrei, laktosefrei, kalorienarm bis eiweiß- oder ballaststoffreich wird Rücksicht genommen. Die Produktauswahl wächst. Zu jedem Produkt bzw. Fertigprodukt gibt es eine vermehrte Zahl von Alternativen. Gleichzeitig können sich die Konsumenten auf Grund von Digitalisierungsfortschritten einfacher im Markt orientieren, schneller bezahlen oder personalisierter einkaufen.

Geschmack und Gesundheit haben beim Essen den höchsten Stellenwert

Was beim Essen wichtig ist, prägt auch den Einkauf. Mit rund 96 Prozent der gut 1.000 von forsa Anfang 2021 repräsentativ befragten Bundesbürger legt eine große Mehrheit der Befragten Produkte in den Einkaufskorb, die ihnen schmecken. Für Menschen jeden Alters ist damit der Geschmack nach wie vor das bedeutsamste Kriterium bei der Essensauswahl. Sehr wichtig ist für die Befragten auch, dass die Lebensmittel aus ihrer Region kommen (82 Prozent) und dass das jeweilige Gemüse oder Obst gerade Saison hat (78 Prozent). 54 Prozent der Befragten achten zudem auf Inhaltsstoffe oder den Kaloriengehalt eines Produkts. Der Preis spielt für 48 Prozent eine Rolle beim Einkauf, das gilt vor allem für Jüngere von 14 bis zu 29 Jahren: Unter ihnen geben 60 Prozent an, sehr auf den Preis zu achten.

Siegel immer wichtiger

Das Vertrauen in Nahrungsmittel ist gestiegen: 83 Prozent der Befragten aus der forsa-Studie im BMEL-Ernährungsreport 2021 vertrauen voll und ganz oder eher der Sicherheit der Lebensmittel in Deutschland. Im Vorjahr waren es 74 Prozent. Viele Verbraucher interessiert aber auch, wie die Produkte hergestellt wurden. Immer mehr schauen beim Einkauf daher auf Siegel: 68 Prozent der Befragten achten auf das Regionalfenster, das über die regionale Herkunft eines Produkts informiert. Auf das Biosiegel achten 64 Prozent und damit mehr Befragte als noch ein Jahr zuvor (50 Prozent). Auf Tierwohllabel, welche Fleisch aus besonders tiergerechter Haltung kennzeichnen, achten 55 Prozent.

Lebensmittel aus der Region weiter im Aufwärtstrend

Lebensmittel sollen aus der Region kommen – darauf legen 82 Prozent der Befragten beim Einkauf Wert. Damit ist der Anteil seit 2016 (73 Prozent) weiter deutlich gestiegen. Besonders den über 60-Jährigen (89 Prozent) und Frauen (88 Prozent) ist dies wichtig. Vergleichsweise weniger wichtig ist das Kriterium für die 14- bis 29-Jährigen (70 Prozent). Je nach Produkt gibt es aber Unterschiede: Vor allem bei frischem Gemüse und Obst sowie Eiern ist die regionale Herkunft wichtig – für je 86 Prozent der Befragten ist sie von Bedeutung. Bei Fleisch und Wurstwaren gilt das für drei Viertel der Befragten (78 Prozent). Deutlich weniger achten hingegen beim Kauf von haltbar gemachtem Gemüse und Obst (24 Prozent) oder bei Teigwaren (18 Prozent) auf die regionale Herkunft. Was ist regional? Bundesweit gibt es nahezu unzählige Marken, Qualitätszeichen und Siegel, die Regionalität betonen. Allerdings sind Bezeichnungen wie „aus der Region“ und „heimisch“ nicht geschützt. Die Anbieter von regionalen Erzeugnissen können selbst bestimmen, wie groß ihre Region ist. Auch wird der Begriff „regional“ in der Bevölkerung unterschiedlich interpretiert. Dies reicht von einem Umkreis von 10 bis 50 km, über das Bundesland bis hin zu Deutschland. Mit regionalen Lebensmitteln verbinden Verbraucher Geschmack, Qualität und Frische, aber auch Heimat, einen engeren Bezug zum Lebensmittel, kurze Transportwege, Schließung von Nährstoffkreisläufen und Unterstützung der regionalen Wirtschaft. Mit der Corona-Krise haben sich die Ess- und Einkaufsgewohnheiten besonders im Hinblick auf die Bedeutung und Wertschätzung von regionalen Lebensmitteln geändert. Das Interesse an der Herkunft der Lebensmittel ist weiter deutlich gestiegen.

Trend zu digitalem Shopping auch bei Lebensmitteln

Der Lebensmittelhandel im Internet hat in der Corona-Krise in Deutschland einen kräftigen Schub erhalten. Mit der Pandemie brachen viele Konsumenten mit ihren Gewohnheiten und kauften häufiger Lebensmittel online. Dennoch hält die E-Food-Branche in Deutschland immer noch einen eher geringen Anteil am gesamten Lebensmittelmarkt. Im Jahr 2020 kam der Online-Handel mit Lebensmitteln auf einen Umsatz von knapp 1,8 Milliarden Euro und damit auf einen Marktanteil von rund zwei Prozent. Das waren 0,4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Gemessen am gesamten E-Commerce-Umsatz von 83,2 Milliarden Euro sind das 2,2 Prozent. Überwiegend werden Süßwaren, Fertiggerichte, Konserven und spezielle Lebensmittel im Web gekauft. Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukte sowie Obst und Gemüse rangieren hingegen unten auf der Online-Einkaufsliste. Auch werden Lebensmittel aus der landwirtschaftlichen Direktvermarktung über das Internet vermarktet.

Wachsende Bedeutung der Direktvermarktung

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben dazu geführt, dass die privaten Haushalte 2020 deutlich mehr für frische Lebensmittel ausgaben als noch 2019 (+ 13 Prozent). Die Direktvermarktung verzeichnete dabei im Frische-Bereich neben dem Online-Handel die höchsten Zuwachsraten. Die Direktvermarktung von Lebensmitteln steht wie kein anderer Vertriebsweg für den Verkauf von regionalen Produkten. Zielgruppe sind Verbraucher, die wissen möchten, woher ihre Lebensmittel kommen und dazu den direkten Kontakt zum Erzeuger suchen. Regionale Lebensmittel werden häufig mit hoher Qualität, Frische und mit etwas höheren Preisen in Verbindung gebracht. Die landwirtschaftliche Direktvermarktung konnte 2020 auf rund 3,15 Milliarden Euro Jahresumsatz zulegen. Die Fördergemeinschaft „Einkaufen auf dem Bauernhof“ hat das Ziel, in der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit ein markantes Profil zu vermitteln, mit dem sich Direktvermarkter von anderen Einkaufsstätten eindeutig unterscheiden.

Was zeichnet den ökologischen Landbau aus?

Im ökologischen Landbau werden möglichst geschlossene betriebliche Kreisläufe angestrebt. Futter und Nährstoffe für Tier und Pflanze sollen weitgehend auf eigener Betriebsfläche erzeugt werden, ein Zukauf externer Betriebsmittel ist stark eingeschränkt und muss bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls aus ökologischer Erzeugung stammen. Der ökologische Landbau verfolgt das Ziel, besonders umweltfreundlich, bodenschonend und tiergerecht zu wirtschaften. Ökologisch wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe werden entsprechend der EU-Öko-Verordnung jährlich mindestens einmal von einer neutralen Stelle kontrolliert.

Weiterhin relativ hohes Umstellungsinteresse

Nach Ergebnissen des Konjunkturbarometer Agrar vom Dezember 2020 interessieren sich gut 17 Prozent der deutschen Landwirte für den Öko-Landbau, vor allem Futterbaubetriebe. Das Umstellungsinteresse hat zwar damit gegenüber dem Vorjahr (gut 18 Prozent) etwas nachgelassen, ist aber im Zeitvergleich weiterhin relativ hoch. 2018 lag die Quote der Umstellungsinteressierten bei knapp 17 Prozent, 2017 und 2016 bei jeweils 16 Prozent und in den vier Jahren zuvor zwischen 10 und 13 Prozent. Das größte Umstellungsinteresse findet sich in Süd- und Ostdeutschland. Als wichtige Voraussetzung für eine wirtschaftlich nachhaltige Umstellung nennen die befragten Landwirte angemessene Erzeugerpreise, gesicherte Abnahmeverträge und eine hinreichende Förderung.

Bioenergie als starker Pfeiler der Erneuerbaren Energien

Der Anteil Erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch lag 2020 in Deutschland bei 16,6 Prozent. Bioenergie stellte 2020 51 Prozent der Erneuerbaren Energien bereit, weitere 7 Prozent stammen aus biogenen Abfällen. Biomasse für Strom, Wärme und Biokraftstoffe machte 2020 mit 11,6 Milliarden Euro knapp zwei Drittel der Umsätze des Sektors Erneuerbare Energien aus. 112.000 Arbeitsplätze bestehen im Bioenergie-Sektor.

Nachwachsende Rohstoffe mit großer Bedeutung

Landwirtschaftliche Nutzpflanzen zur Energiegewinnung und zur stofflichen Nutzung nehmen in Deutschland 2,58 Millionen Hektar ein (2020). Das entspricht 22 Prozent der Ackerfläche bzw. 16 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Hauptenergiepflanzen sind Silomais und Raps. 234.000 Hektar entfallen auf Industriepflanzen, vor allem Stärkekartoffeln und Raps. Der langjährige Aufwärtstrend des Anbaus nachwachsender Rohstoffe ist seit 2016 zum Stillstand gekommen, bei Raps sogar deutlich rückläufig.