Allgemeine wirtschaftliche Lage in der Landwirtschaft

Die Stimmungslage in der deutschen Landwirtschaft ist zum Jahresende 2019 ausgesprochen angespannt und die Investitionsbereitschaft der Landwirte so niedrig wie lange nicht mehr. Nur 30 Prozent von ihnen wollen dem Konjunkturbarometer Agrar zufolge in den kommenden sechs Monaten investieren. Weder von den Agrarmärkten noch von der Agrarpolitik gehen derzeit positive Signale aus. Wie kann diese Verunsicherung gelöst werden und damit ein Impuls für Investitionen in verbesserte Bewirtschaftungsmethoden und mehr Tierwohl entstehen? Landwirte erwarten fachlich und wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig praxistaugliche Vorgaben und Verlässlichkeit in den politischen Rahmenbedingungen. Zielkonflikte sind abzuwägen. Das gilt für Düngung und Pflanzenschutz ebenso wie für Genehmigungsverfahren beim Bau von Ställen. Im Natur- und Gewässerschutz müssen kooperative Lösungen mit den Landwirten Vorfahrt vor Verboten haben. Bürokratie sollte dringend abgebaut werden. In der digitalen Infrastruktur müssen Lücken zügig geschlossen werden. Die gesellschaftliche Diskussion um Landwirtschaft und Ernährung ist intensiver geworden.

Zur wirtschaftlichen Lage:

Nach einer Erholung in den Wirtschaftsjahren 2016/17 und 2017/18 hat sich die wirtschaftliche Situation der deutschen Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 2018/19 wieder deutlich verschlechtert. Die Auswirkungen der Dürre 2019 schlagen sich in den Büchern nieder. Im Durchschnitt der Haupterwerbsbetriebe verschlechterte sich das Unternehmensergebnis um knapp ein Fünftel auf 54.900 Euro je Betrieb bzw. 38.400 Euro je Arbeitskraft. Die durchschnittlichen Nettoinvestitionen je Betrieb lagen in den vergangenen drei Wirtschaftsjahren bei nur 7.300 Euro jährlich. Für das laufende Wirtschaftsjahr 2019/20 ist mit Ausnahme der Schweinehaltung nicht mit einer wesentlichen Verbesserung der Unternehmensergebnisse zu rechnen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Hohe wirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2019) zwar nur 0,9 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,4 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2019 einen Produktionswert von 58,8 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produktionswert des gesamten deutschen Textil-, Bekleidungs- und Schuhgewerbes mit 23,4 Milliarden Euro, des Papiergewerbes mit 39,9 Milliarden Euro oder der pharmazeutischen Industrie mit 41,4 Milliarden Euro.

Landwirtschaft als bedeutender Wirtschaftszweig

Landwirte fragen viele Betriebsmittel, Investitionsgüter und Dienstleistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinaus eine breite Palette von Dienstleistungen. Diese reichen von der Beratung über Wartungsarbeiten bis hin zu Tiergesundheits- und Qualitätsüberwachung. Die produktionsbedingten Ausgaben der deutschen Landwirtschaft betrugen im Jahr 2019 43,1 Milliarden Euro, wovon 10,0 Milliarden Euro auf Jeder 10. Arbeitsplatz steht mit dem Agribusiness in Verbindung Das Agribusiness umfasst die gesamte Lebensmittelkette und damit alle Schritte von der Urproduktion bis zum Verbraucher: Die Landwirtschaft gewinnt mit Produktionsmitteln aus den vorgelagerten Wirtschaftsbereichen die pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, die vom Ernährungsgewerbe, also dem Handwerk und der Industrie, weiterverarbeitet werden. Hinzu kommen der Lebensmittelgroß- und -einzelhandel sowie die Gastronomie. Investitionen in Bauten und Maschinen entfallen. Zu den betriebsbedingten Ausgaben kommen u.a. die privaten Konsumausgaben der Land- und Forstwirte hinzu, die sich 2019 auf 7,1 Milliarden Euro beliefen.

Arbeitsproduktivität stark gestiegen

Gemessen an der Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen hat der Agrarsektor in Deutschland seine Produktivität in den letzten 20 Jahren stark gesteigert (+ 67 Prozent). Zum Vergleich: Im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft stieg die Produktivität um 42 Prozent. In absoluten Zahlen bleibt jedoch ein Abstand zu anderen Wirtschaftsbereichen.

Moderne Landtechnik aus Deutschland stark gefragt

Die Landtechnik-Industrie ist ein wichtiger Vorlieferant der Landwirtschaft. In der Branche sind über 200 Unternehmen mit rund 31.500 Beschäftigten tätig. 2019 wurde in Deutschland Landtechnik im Wert von 6,2 Milliarden Euro verkauft. Ein Fokus der gegenwärtigen technologischen Entwicklung liegt auf der Vernetzung, Automatisierung und Autonomisierung von Arbeitsprozessen. Für 2019 wird mit einem Industrie-Umsatz von 8,5 Milliarden Euro gerechnet; das wären etwa 2 Prozent weniger als im Vorjahr. 2019 erreichte die Industrie am Standort Deutschland mit 8,6 Milliarden Euro ein historisches Allzeithoch. Das Exportgeschäft macht im Branchendurchschnitt rund 76 Prozent der Umsätze aus.

Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise

Überdurchschnittlich hoher Preisanstieg bei Nahrungsmitteln

Die Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des Verbraucherpreisindex gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert, lag in Deutschland 2019 bei 1,8 Prozent. Das Preisniveau für Nahrungsmittel stieg mit plus 2,3 Prozent deutlich stärker an. Für 2019 wird mit einer Inflationsrate von 1,5 Prozent und mit einem Preisanstieg bei Nahrungsmitteln von etwa 1,0 Prozent gerechnet.

Nahrungsmittelpreise als Inflationsbremse

Die Verbraucherpreise für Lebensmittel sind über viele Jahre hinweg deutlich langsamer angestiegen als die Verbraucherpreise insgesamt. Im zurückliegenden Jahrzehnt allerdings stiegen die Nahrungsmittelpreise fast ausnahmslos stärker an als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Das hat sich 2019 wieder umgekehrt. Die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise wirkte wieder inflationsbremsend. Preise für Nahrungsmittel in Deutschland leicht über EU- Durchschnitt Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke waren 2019 in Deutschland 2 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt. Besonders hochpreisig waren Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Dänemark. Dort lagen sie in 2019 um 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das Preisniveau eines vergleichbaren Warenkorbs lag in Dänemark etwa doppelt so hoch wie in Rumänien (66 Prozent des EU-Durch - schnitts) oder Polen (69 Prozent).

Verbraucher geben einen immer kleineren Teil ihres Einkommens für Nahrungs- und Genussmittel aus

Die gesamten Verbraucherausgaben beliefen sich 2019 auf 1.659 Milliarden Euro. Davon entfielen 231,9 Milliarden Euro oder 14,0 Prozent auf Nahrungs- und Genuss - mittel. Dazu kommen rund 71,5 Milliarden Euro für Verpflegung in Gaststätten und Kantinen. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel an den gesamten Konsumausgaben hat sich in den letzten Jahren kaum verändert, im langjährigen Zeitvergleich ist dieser jedoch deutlich zurück - gegangen. Der Grund für diesen Langfristtrend liegt in den Einkommenssteigerungen und in dem unterdurchschnittlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Der höhere Lebensstandard kommt besonders in zunehmenden Ausgaben für Wohnen, Verkehr, Freizeitaktivitäten und Gesundheitspflege zum Ausdruck.

Von einem Euro Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel erhält der Landwirt heute nur noch 21 Cent

Der Anteil der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel inländischer Herkunft lag im Jahr 2019 bei 21 Prozent. Anfang der 70er Jahre lag der entsprechende Anteil mit 48 Prozent mehr als doppelt so hoch. Bei Milch und Milcherzeugnissen betrug der Anteil in 2019 34 Prozent, bei Fleisch und Fleischwaren 22 Prozent. Am niedrigsten ist der Erlösanteil nach wie vor bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit 4 Prozent. Seit 1950 sind die Löhne um das 24-zwanzigfache, die Brotpreise um das 12-fache gestiegen und die Getreidepreise unverändert geblieben Von 1950 bis 2019 hat sich der Nettostundenverdienst eines Industrie-arbeiters auf mehr als das 24-fache erhöht. Da die Brotpreise nur um das 12-fache gestiegen sind, kann sich der Industriearbeiter für seinen Stundenlohn heute (2019) doppelt so viel Brot kaufen wie noch vor 68 Jahren. Der Weizenerzeugerpreis lag 2019 in etwa auf dem Niveau von 1950; bezogen auf das Endprodukt wie ein dunkles Mischbrot erlöst der Landwirt nur knapp 6 Prozent. Demgegenüber waren es 1950 entsprechend noch zwei Drittel des Brotpreises. Wären die Weizenpreise seit 1950 genauso stark gestiegen wie die Inflationsrate, dann könnten die Erzeuger für einen Doppelzentner (100 kg) heute (2019) etwa 91 Euro erlösen.

Ökologischer Landbau

Was zeichnet den ökologischen Landbau aus

Im ökologischen Landbau werden möglichst geschlossene betriebliche Kreisläufe angestrebt. Futter und Nährstoffe für Tier und Pflanze sollen weitgehend auf eigener Betriebsfläche erzeugt werden, ein Zukauf externer Betriebsmittel ist stark eingeschränkt und muss bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls aus ökologischer Erzeugung stammen. Der ökologische Landbau verfolgt das Ziel, besonders umweltfreundlich, bodenschonend und tiergerecht zu wirtschaften. Ökologisch wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe werden entsprechend der EU-Öko-Verordnung jährlich mindestens einmal von einer neutralen Stelle kontrolliert.

1,5 Millionen Hektar Ökofläche in 31.700 Betrieben

Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist von 5,9 Prozent im Jahr 2010 auf 9,1 Prozent im Jahr 2019 angestiegen. Ende 2019 wurden 1,521 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet. Das sind rund 148.000 Hektar mehr als Ende 2017; im Vorjahr hatte der Zuwachs 122.000 Hektar betragen. Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe stieg entsprechend um 7,9 Prozent oder 2.300 auf 31.700. Damit sind 12,0 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland auf Öko-Landbau spezialisiert. Den höchsten Öko-Flächenanteil haben die Bundesländer Hessen, Saarland und Brandenburg. Den absolut größten Öko-Flächenumfang haben die Bundesländer Bayern (23 Prozent der Ökofläche Deutschlands) und Baden-Württemberg (13 Prozent), gefolgt von Brandenburg (11 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (10 Prozent).

Ökologischer Landbau in der EU und weltweit

In der EU wurden nach zuletzt für 2017 vorliegenden Angaben 14,5 Millionen Hektar von 460.000 Landwirten ökologisch bewirtschaftet. Damit hat sich die Zahl der EU-Ökolandwirte binnen 10 Jahren um 70 Prozent erhöht. Die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln in der EU stieg binnen 5 Jahren um gut zwei Drittel von 22 Milliarden Euro in 2012 auf 37 Milliarden Euro in 2017. Beim Anbauflächenumfang steht Deutschland nach Spanien, Italien und Frankreich an vierter Stelle der größten Ökoanbauländer in der EU. Weltweit betrug die registrierte Ökolandbaufläche in 2017 69,8 Millionen Hektar. Australien war mit 36,5 Millionen Hektar das Land mit dem größten Areal, gefolgt von Argentinien mit 3,4 Millionen Hektar und China mit 3,0 Millionen Hektar. Damit entfallen 51,4 Prozent der globalen Öko-Anbaufläche auf Australien mit größtenteils extensiv bewirtschaftetem Weideland; dahinter folgen Europa mit einem Anteil von 21,0 Prozent und Lateinamerika mit einem Anteil von 11,5 Prozent. Die Umsätze am weltweiten Markt für Lebensmittel kletterten 2017 auf rund 90 Milliarden Euro. Der größte Markt waren 2017 die USA mit 40 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland mit gut 10 Milliarden Euro, Frankreich mit 7,9 Milliarden Euro und China mit 7,6 Milliarden Euro.

Bioenergie und Nachwachsende Rohstoffe

Bioenergie als starker Pfeiler der Erneuerbaren Energien

Bioenergie stellte 2019 54 Prozent der Erneuerbaren Energien in Deutschland bereit, weitere 6 Prozent stammen aus biogenen Abfällen. Biomasse für Strom, Wärme und Biokraftstoffe machte 2019 mit etwa 10,7 Milliarden Euro knapp zwei Drittel der Umsätze des Sektors Erneuerbare Energien aus.

Nachwachsende Rohstoffe mit großer Bedeutung

Landwirtschaftliche Nutzpflanzen zur Energiegewinnung und zur stofflichen Nutzung nehmen in Deutschland 2,51 Millionen Hektar ein (2019). Das entspricht 21 Prozent der Ackerfläche bzw. 15 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Hauptenergiepflanzen sind Silomais und Raps. 240.000 Hektar entfallen auf Industriepflanzen, vor allem Stärkekartoffeln und Raps. Der langjährige Aufwärtstrend des Anbaus nachwachsender Rohstoffe ist seit 2014 zum Stillstand gekommen, bei Raps sogar deutlich rückläufig.

Mais und Raps sind wichtigste „NawaRos“

Silomais nimmt im Anbaujahr 2019 eine Fläche von 2,2 Millionen Hektar ein, davon entfallen etwa 0,9 Millionen Hektar auf Energiemais. Der deutlich überwiegende Teil dient der Fütterung des Viehs. Mais zählt zu den ertragsstärksten Energiepflanzen für die Biogasproduktion. Die flächenmäßig zweit - wichtigste Energie- und Industrie - pflanze in Deutschland ist mit etwa 550.000 Hektar Anbaufläche in 2019 der Raps, bei einer Raps-Gesamtfläche von 858.000 Hektar.

Erneuerbare Energie für Wärme und Verkehr zu etwa 90 Prozent aus Biomasse

In allen Bereichen der Energiewirtschaft spielt die Bioenergie eine Rolle. Bei der Mobilität hat die Elektromobilität im Verkehr derzeit noch deutlich weniger Bedeutung als Biokraftstoffe. In der Wärmenutzung ist Biomasse ohne staatliche Förderung konkurrenzfähig. Bei der Stromerzeugung ist Biomasse im Vergleich zu Wind und Sonne besser regelbar, speicherbar und damit verlässlicher.

35 % Strom aus Erneuerbaren Energien

Der Strom aus Erneuerbaren Energien erreichte im Jahr 2019 mit einer Produktion von 226 Milliarden Kilowattstunden 35 Prozent der deutschen Stromerzeugung. Die erneuerbare Stromerzeugung ist 2019 um etwa 5 Prozent bzw. 10 Milliarden Kilowattstunden gewachsen, vor allem wegen höherer Windstromerzeugung. 51 Milliarden Kilowattstunden und damit etwa 8,1 Prozent des Stroms wurden in 2019 aus Biomasse gewonnen.